Wie möchten wir uns dieses Jahr auf Ostern vorbereiten? - Gedanken zur bevorstehenden Fastenzeit

Bewusst weniger arbeiten, um freier zu werden angesichts der inneren Antreiber? Mehr auf sich selbst achten und sich Zeit nehmen für das, was mir wirklich wichtig ist? Lesen Sie die Gedanken nach, die beim abendlichen Aschermittwochsgottesdienst von Manuel Stechmann, Marta Kaptsan, Lars Lange und Katja Freise vorgetragen wurden.

 

Auf die Frage: „Worauf wirst du in der Fastenzeit verzichten?“ habe ich in den letzten Jahren gern geantwortet: „Auf die Arbeit!“ Das klingt im ersten Moment, als sei die Fastenzeit eine willkommene Entschuldigung für die eigene Faulheit und in vielen Fällen war es bestimmt auch so gemeint. Deshalb habe ich diesen Vorsatz auch nie richtig ernst genommen, geschweige denn eingehalten. In der Vorbereitung auf die jetzige Fastenzeit habe ich aber über diesen spontanen Ausdruck einer Sehnsucht genauer nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen: Das ist gar keine schlechte Idee! Worum geht es, wenn ich auf die Arbeit verzichten will? Es geht nicht darum, dass ich mich vor der Arbeit drücken will. Im Gegenteil: ich arbeite gern! Die meisten Dinge, die ich zu arbeiten habe, machen mir Spaß. Ich engagiere mich und arbeite auch durchaus mehr als meinen Pflichtteil. Deshalb bin ich auch gut in meinem Job und bekomme entsprechende Anerkennung. Aber genau darin liegt auch eine große Versuchung. Sie lautet: Ich halte meine Leistung für so unverzichtbar und einzigartig, dass ich immer mehr arbeite. Ich bin der Überzeugung, dass ich durch Leistung Werte schaffen kann. Ich fange an, mich nicht nur mit meiner Arbeit zu identifizieren, sondern mich über meine Arbeit zu definieren. Ich gebe meiner Arbeit die Macht, darüber zu urteilen, wer ich bin. Und was ich wert bin. Auf die Frage „Wer bist du?“ sagen die meisten Menschen zuerst ihren Namen – und gleich an zweiter Stelle ihren Beruf… „Du bist, was du leistest“. Mit dieser Einstellung bin ich selbstverständlich ein gern gesehenes Mitglied der Leistungsgesellschaft, die genau auf diesem Glaubenssatz beruht. Und mehr noch: Wir glauben, dass wir durch Leistung Lebensglück produzieren können. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!“ Im Gegensatz dazu sagt eine der Grundüberzeugungen des christlichen Menschenbildes, dass jeder Mensch von Gott angenommen und geliebt ist – aus Gnade und ohne jegliche Vorleistung! Das wissen wir alle.  Aber setzen wir dieses Wissen auch um? Wissen wir das nur, oder glauben wir auch daran?! An dieser Stelle geht es nicht mehr nur um Prioritäten. Hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes um eine existentielle Glaubensfrage: Wodurch, glaube ich, wird mein Leben bestimmt? Wodurch werde ich bestimmt? Wonach richte ich mich aus? Wird mein Leben bestimmt durch Leistung – oder durch Liebe? Durch Verdienst – oder durch Gnade? Glaube ich wirklich, dass ich unersetzlich bin, dass sich die Welt ohne mich nicht weiterbewegen wird? Glaube ich wirklich, dass ich mein Glück selbst herstellen kann? Es gehört eine große Portion Demut dazu, sich einzugestehen, dass man geliebt wird – einfach so, ohne etwas dafür zu tun müssen, schlimmer noch: ohne etwas dafür tun zu können. Dieser Gedanke passt einfach nicht in unser Lohn-Leistungs-Denken. Aber gerade deshalb ist er so lohnenswert, denn er führt zur Haltung der Dankbarkeit. Dankbarkeit wiederum befreit. Sie befreit von Kosten-Nutzen-Kalkulationen, vom Zwang, alles selbst in der Hand haben zu müssen, von der Angst, jemandem etwas schuldig zu bleiben. Deshalb möchte ich also auf Arbeit verzichten: um Dankbarkeit zu lernen. Damit ich in der Lage bin, das Geschenk, dass Gott mir jeden Tag machen will, annehmen zu können. Ich möchte lernen, an die unbedingte Liebe Gottes zu glauben. Diese Liebe im Vertrauen anzunehmen, ohne dabei das schlechte Gefühl zu bekommen, die „Rechnung“ nicht begleichen zu können. Wenn mir das gelingt, dann kann ich als Christ in einer Leistungsgesellschaft wie der unsrigen ein sichtbares Zeichen dafür sein, dass wir wirklich daran glauben: Gott liebt jeden Menschen! Einfach so.       Manuel Stechmann

 

Sieben Wochen anders… Was mache ich denn nun? Verzichte ich auf etwas? Folge ich dem neuen Trend „Plus-Fasten“? Faste ich das Fasten? Die berühmte Qual der Wahl… Als Germanstin recherchiere ich den Begriff, um mir die Entscheidung leichter zu machen und mein persönliches Fastenvorhaben besser zu definieren. „Fasten“ kommt aus dem Althochdeutschen oder Gotischen und bedeutet „festhalten“, „beobachten“, „bewachen“. Festhalten, beobachten: daran möchte ich mich in dieser vorösterlichen Zeit halten. Und ich bin nicht allein. Ich stelle mein kleines Vorhaben in einen großen Zusammenhang. Ich kann mein Stückwerk als Teil des Ganzen sehen. Das hilft. Angeblich ist mit Aschermittwoch alles vorbei. Was ist, wenn das nicht stimmt und da was Neues anfängt? Für mich ist es eine Zeit, in der ich beobachten und entdecken möchte, wie wertvoll das Leben ist, in der ich neu anfangen kann, es selber zu glauben. So ähnlich ist es auch mit Jesus. Er predigt, er erzählt, er kündigt etwas Neues, etwas anderes an, etwas, was uns herauslocken soll aus unserem Alltag, unserem Trott, und uns weiterführen kann. Ich mache mich auf den Weg und schaue, was passiert, wenn ich diesem Jesus Christus folge und mit ihm die Welt und den Menschen neu entdecke. Und vielleicht auch mich selbst.  Der Engel der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis möge mir dabei helfen.                                                  Marta Kaptsan

 

Als ich gefragt wurde ob ich hier ein paar meiner Gedanken zum Fasten teile, habe ich gerne zugesagt. Denke ich doch selber immer wieder drüber nach wie ein würdiges Fasten aussehen kann.

Also aber wo beginnt man? Was heißt fasten denn eigentlich? Wo kann ich mit meinem Fasten eigentlich anfangen und wo will ich letztlich hin. Fasten heißt laut dem Duden den Enthalt oder Verzicht von Nahrungs- oder Genussmittel. Also einfach auf etwas verzichten. Gut Süßigkeiten. Und damit es nicht nur essen ist verzichte ich noch auf das Auto. Na ja zumindest für kurze Strecken. So jetzt aber. Plan steht. Jetzt frag ich mich, warum eigentlich?  Ist den verzichten das worum es geht? Will uns Christus denn etwas vorenthalten, als Beweis unseres Glaubens? So wie viele von uns trotz Schmerzen knien, einfach weil man das in der Messe vor Gott so macht. Ist das der Sinn des Fastens?

Aber was macht das Fasten anders als das einfache verzichten oder die Diät aus der Fernsehzeitung? Das könnte ich doch immer. Dafür brauche ich weder Fastenzeit noch Glauben oder nicht? Da fehlt mir der Glauben. Ich muss einen anderen Ansatzpunkt finden:

Christus spricht immer davon, dass der Reiche nicht ohne Gottes Hilfe ins Himmelreich findet. Vielleicht geht es darum? Ist das Fasten vielleicht Gottes Hilfe? Wenn wir uns selbst von unserem Überfluss befreien und in den nächsten Wochen der Versuchung wiedersagen, was macht das dann mit uns?

Es stärkt uns für die Zukunft. Und wenn wir im Kleinen immer wieder auf die Probe gestellt werden, dann sind wir in Zukunft vielleicht auch in der Lage den großen Versuchungen zu widerstehen. Und noch viel wichtiger. Gott lässt uns bei diesen inneren Kämpfen nicht alleine. So wie Christus selbst gefastet hat, so begleitet er uns heute mit dem heiligen Geist durch alle diese Tage.

Und mit ihm und unseren Brüdern und Schwestern, machen wir uns auf den Weg Gottes und erinnern an unser Taufgelübde. Ich widersage der Versuchung. Also nochmal nachdenken. Ich fange nochmal neu an. Dieses nachdenken hat mir gutgetan. Hm vielleicht fange ich es dieses Jahr ja mal was anderes an. Und ich verzichte auf etwas von meiner Zeit um regelmäßig nachzudenken, ja zu beten. Vielleicht mach ich es dann wie in diesem Spiel. Worauf habe ich letztes Jahr gefastet. Süßigkeiten, ja. Na dann packe ich meinen Koffer dieses Jahr und nehme mir Zeit zum Beten, und verzichte auf Süßigkeiten.

Und nächstes Jahr, packe ich meinen Koffer, nehme mir Zeit zum Beten, verzichte auf Süßigkeiten und auf noch etwas von dem es in meinem Leben zu viel gibt. Vielleicht schau ich zu viel Fernsehen? Hm, ich glaube das packe ich mir nächstes Jahr mal ein….

Und damit Sie diese Zeit überstehen, schenken wir euch heute einen Engel der Vorfreude, auf die Stärke die in uns durch das Fasten wachsen wird, einen Engel der Gemeinschaft, denn verbunden mit allen Brüdern und Schwestern, durch den heiligen Geist, können wir uns selbst überwinden, den Engel der Selbstfreundschaft, der uns unsere innere Stärke in den nächsten Wochen immer wieder vor Augen führt,  und den Engel des Vertrauens, denn ohne Gottes Vertrauen in uns, können wir nur scheitern.                                                                      Lars Lange

 

In meiner Jugend war ich begeistert vom vorösterlichen Fasten. Ich fastete Alkohol, Süßes und Fleisch. Ostern war das Fest des großen Schlemmens und ich konnte stolz sein, sechs Wochen durchgehalten zu haben. Inmitten der Enthaltsamkeit war die Vorfreude auf Ostern ein schönes Gefühl. Doch die Zeiten ändern sich. Meine Leidenschaft für Süßes ist erloschen, Fleisch ess ich ganz bewusst nur sehr selten und Alkohol vertrag ich nicht mehr. In der Regel bin ich die, die Wasser trinkt. Auch Fernsehen oder Smartphone fasten kann ich nicht, denn zum Fernsehen habe ich keine Zeit, das von meinen Kindern geerbte Tastenhandy nutze ich nur im Notfall; meistens ist der Akku leer. Die Fastenzeit hat im Laufe der Jahre an Bedeutung für mich verloren. Das ist die Situation, als ich gefragt werde, ob ich nicht an Aschermittwoch über mein Fastenvorhaben sprechen könnte. Also geh ich in mich und überlege, ob ich trotz meines Dauerfastenalltags nicht einen neuen Zugang zum Fasten finden könnte. Wie häufig, wenn ich eine existentielle Frage habe, such ich eine Antwort in der Bibel. Ein Blick in die Konkordanz verrät alle Stellen zum Thema Fasten. Und da finde ich auch meine Frohe Botschaft vom Fasten: Mt. 9, 14-17. Jesus wird gefragt, warum seine Jünger im Gegensatzsatz zu den Jüngern des Johannes und zu den Pharisäern nicht fasten. Er antwortet: „Können die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist?“ Das ist es. Der Bräutigam ist da, das Fest ist in vollem Gange. Auch ohne Süßes und Alkohol, ohne Fernsehen oder Smartphone geht es mir unverdient gut. Täglich erlebe ich das. Das heutige Aschekreuz setzt bei mir keinen Schlusspunkt hinter eine kurzfristige, eher oberflächliche Karnevalsfreude, mit der ein sonst eher aschgraues Leben verdrängt wurde. Das Aschekreuz heute sagt mir lediglich, dass das Fest nicht ewig währen wird. Aber noch dauert es an. Deshalb soll meine Fastenzeit eine Zeit der bewussten Freude sein. Der Freude am Wirken Gottes, einer täglichen echten, tiefen Daseinsfreude. Besonders will ich genießen, was der durchorganisierte Tag ganz unverhofft bietet; z.B. eine kulinarische Überraschung aus der Hand meiner Tochter, auch wenn das letzte schon verplante Ei dann fehlt. Damit die gute Stimmung nicht durch einen leisen Ärger darüber getrübt wird, dass der Speiseplan nun geändert werden muss, baue ich auf den Engel der Freude. Die Vorratskammer ist doch reich gefüllt! Und an Rezeptideen mangelt es mir nicht. Vielleicht erreicht mich auch die unerwartete Einladung einer Freundin. Selbst wenn sie mein Zeitbudget sprengt, will ich mich darüber freuen. Ist nicht ihr Wunsch, mit mir die Zeit zu verbringen, in Wahrheit ein Geschenk? Nicht die erwarteten, die unerwarteten Freuden will ich in der kommenden Fastenzeit ganz bewusst wahrnehmen. Das Fest meines Lebens muss ich nicht selbst ausrichten. Ich darf mich überraschen lassen und einfach feiern. Nach so einem Fest beginnt der Katzenjammer nicht mit dem Katerfrühstück von vorn, sondern es bleibt die dankbare Erinnerung an den Gastgeber.                           Katja Freise