Geistlicher Impuls zum Freitag der Dritten Fastenwoche und Frühlingsbeginn

Eskapismus oder: Meine kleine Psychohygiene

Das Evangelium und andere Texte für den heutigen Tag finden Sie in der Online-Kalender-Version des Schott-Messbuches der Erzabtei in Beuron.

 

IMPULS

 

Heute habe ich keine Lust auf Krise. Auch wenn sie natürlich da ist. Heute ist Frühlingsanfang. Jedenfalls laut Kalender. Dass der Wetterbericht eine kleine Kaltfront ankündigt, finde ich zwar blöd. Aber Frühlingsanfang ist trotzdem. Das macht schon mal bessere Laune.

Außerdem habe ich mir vor einiger Zeit unter dem heutigen Tag notiert: „Geburtstag“. Also, nicht meiner. Den weiß ich auch so. Nein, der von Hölderlin, und noch dazu sein zweihundertfünfzigster. Am 20. März wurde der schwäbische Dichter geboren. Und noch jemand, an den ich heute besonders denke. Aber das ist privat.

Fasziniert hat Friedrich Hölderlin mich schon länger. Vor ein paar Wochen habe ich eine neue Biographie über ihn gelesen. Nun bin ich nicht gerade der große Lyrikkenner. Und so manche seiner Gedichte gelten ja auch als ganz schön schwierig. Aber ich liebe es generell, ab und zu mal etwas zu lesen, was nicht unmittelbar mit meinen täglichen Anforderungen zu tun hat. Mal Geist und Phantasie schweifen zu lassen, auf Sachen zu stoßen, an die ich nie gedacht – oder die ich nie so gedacht hätte. Ja, auch mich faszinieren zu lassen von Wortwahl und Sprachmöglichkeiten.

Dass Krise ist, weiß ich. Das nehme ich auch sehr ernst und versuche, mich richtig zu verhalten. Aber heute gibt’s daneben noch was anderes. Mal den Kopf frei bekommen. Nicht bei jedem Gespräch dasselbe Thema.

„Eskapismus, ruft ihr mir zu, / vorwurfsvoll. / Was denn sonst, antworte ich,“ bei der ganzen Anspannung (H. M. Enzensberger verzeihe mir diese Verstümmelung seines Gedichts „Der Fliegende Robert“). Heute will ich mal den Kopf frei bekommen. Heute habe ich keine Lust auf Krise.

Clemens Maaß SJ