11. Bericht von Anna-Lena Schick über ihr Freiwilligenjahr in den USA

Juni in Tacoma

 

 

 

 

 

 

 

 

Liebe

Unterstützer, Freunde, Verwandte und Bekannte,

 

Juni,

Juli, August, ich verbringe noch die Sommermonate hier und dann geht es auch

schon wieder zurück nach Deutschland. Ich glaube, der Sommer und Herbst sind am

schönsten hier, allein von der Natur her. Im Moment genieße ich aber die heißen

Tage und den Sonnenschein. Viele Leute denken, im Nordwesten der USA regnet es

praktisch pausenlos, aber ich habe wirklich viel blauen Himmel gesehen. Nun ja,

jetzt will ich euch erstmal vom Juni berichten:

 

Der

Zufall wollte, dass ich ein Wochenende mit den anderen Farmfreiwilligen Anna

und Kat frei hatte. Da die beiden vorzeitig die Farm verlassen, wollten wir

gerne ein letztes Mal etwas gemeinsam unternehmen. Zusammen mit Kats Schwester

sind wir zum See „Lake 22“ gewandert. Endlich oben am See angekommen gingen wir

schwimmen und aßen Sandwiches und Kekse.

 

Inzwischen

läuft die Marktroutine reibungslos, der Aufbau dauert nur noch 1 Stunde und mir

macht es Spaß, mit den Leuten zu quatschen, die bunten Blumen vor dem Mülleimer

zu drapieren und runde Kinderaugen zu sehen, wenn sie entdecken, dass Erdbeeren

und Tomaten nicht im Supermarkt wachsen, sondern an einer Pflanze. Viele Leute

kommen regelmäßig zum Markt, die erkenne ich inzwischen wieder. Da ist die

Familie, die immer wegen der Luftballons kommt, dort drüben schiebt der Typ

sein Seahawksfahrrad am Pilzstand vorbei und oh nein, da kommt die Frau auf

mich zugesteuert, die immer Fragen zu den Paprikapflanzen hat, die ich nicht

beantworten kann.

 

Das

Wetter ist ungewöhnlich heiß, so wird es zumindest gesagt. Seit Wochen schon

hatten wir keinen Regen und auf der Farm gießen wir pausenlos. In den

Gewächshäusern ist es unerträglich, sodass wir so viel Zeit wie möglich draußen

im Schatten verbringen. Aber die Pflanzen scheinen es zu mögen und wachsen und

gedeihen.

 

Langsam

haben wir auch die ersten Ergebnisse auf dem Tisch, aus den ganzen

Basilikumblättern vom Stutzen habe ich Pesto gemacht und im Moment hängt die

Küche voller Kräuter zum Trocknen. Was allerdings nicht so toll ist, sind die

ganzen Pollen, die in der Luft herumschwirren und einige Leute zum Niesen

bringen.

 

Anfang

Juni kam gleich eine ganze Firma auf die Farm, 120 Mann stark. Ein Glück, dass

die total organisiert waren und genau wussten, welche Gruppe was macht, denn

ich hatte keinen Überblick! Innerhalb eines Tages haben sie es geschafft, die

komplette Farm auf den Kopf zu stellen, alles zu ordnen, Pflanzen zu pflanzen,

neue Tische und einen neuen Hühnerstall zu bauen, und und und. Habe die Farm

danach fast nicht mehr wiedererkannt!

 

Endlich

sind auch die Sommerassistants angekommen, sodass jetzt wieder mehr

Unterstützung da ist. Darunter auch zwei Schülerinnen einer deutschen Schule,

die die Sommerferien über auf der Farm arbeiten. Lara wohnt bei uns im

Farmhouse und bei der ersten Hausführung konnte ich sie fast nicht davon

überzeugen, dass ich wirklich aus Deutschland komme, so schlecht war meine

Grammatik. Es ist aber auch wirklich nicht leicht, ständig zwischen Englisch

und Deutsch hin und her zu wechseln ;-)

 

Einige

der schönsten Momente hier sind für mich wohl Abende, wenn alle in der Küche

herumsitzen und sich unterhalten, während wir auf die Kekse im Ofen warten.

Dann öffnet sich die Tür, die nie abgeschlossen ist, und Besucher von anderen

Häusern schauen vorbei und schließen sich der Runde an.

 

Aktivitäten

des Monats sind mal wieder zahlreich, obwohl ich sehr viel Zeit damit verbracht

habe, mich bei diversen Unis in Deutschland zu bewerben.

 

Da

das Wetter ja so gut ist, hatten wir einige Lagerfeuer, bis ein Feuerverbot

wegen Waldbrandgefahr uns davon abhielt.

 

Mit

Zach (arbeitet auf der Farm) und seinen Freunden bin ich mit aufblasbaren

Gummireifen den Puyallup-Fluss stromabwärts getrieben. Einige Hindernisse

mussten überwunden werden, wie sehr flaches Gewässer, große Steine und ein

Baumstamm, der quer über dem ganzen Fluss lag.

 

Obwohl

ich vorher gewarnt wurde, dass das ein langweiliges Unternehmen sein könnte,

bin ich zu einen Baseballspiel der Tacoma Rainiers gegangen. Pietro meinte

nämlich, ich dürfe die USA nicht verlassen, ohne diesen Teil der Kultur erlebt

zu haben. Also haben wir uns gemeinsam auf den Weg gemacht, Pietro hatte zwei

Freikarten und das Wetter war schön warm. Kein schlechter Start. Die ersten

zwei Stunden des Spiels hat Pietro mir dann sämtliche Regeln erklärt, die

letzte Stunde haben wir dann wirklich zugeguckt. Tatsächlich war das Spiel an

sich nicht gar zu spannend, aber die Atmosphäre im Stadion war ziemlich toll.

Viele Familien, die Kinder tanzen und rennen in den Reihen herum. Leute trinken

ein Bier zusammen und unterhalten sich. Hat mich sehr an ein Sommerstraßenfest

erinnert.

 

Im

Juni war auch das sogenannte L'Arche National Gathering, also ein Treffen aller

amerikanischen Archen in Washington DC. Da Tacoma Washington ja so weit weg

liegt, ist nur eine kleine Gruppe nach DC gefahren, um uns zu repräsentieren.

Mark war total stolz darauf, im White House mit Abgeordneten sprechen zu dürfen

und hat sich nett nach Obama erkundigt.

 

Nach

monatelangem sonntäglichem Unterricht habe ich endlich den Square Dance Kurs

abgeschlossen. Immerhin ca. 60 unterschiedliche Figuren haben wir gelernt, und

alle wurde mit einem Abschlussball gefeiert. Nachdem die Zeugnisse verliehen

wurden ging's ans Tanzen – mit Luftballons zwischen den Knien und andere

Albernheiten. In der Pause wurde mir ein Namensschild mit meinem Namen

überreicht, als Zeichen einer Ehrenmitgliedschaft „für die deutsche

Austauschschülerin“. Irgendwie haben die ganzen alten Herrschaften doch ihren

Weg in mein Herz gefunden.

 

Auch

hatte ich durch den Besuch einer Schulgruppe aus Portland die Möglichkeit, auf

einem Motorrad mitzufahren, einer Harley-Davidson. Schön in die Kurven legen!

Irgendwie war es wie Fahrradfahren, nur etwas schneller ;-)

 

Ansonsten

geht es steil auf die Ferien zu und alle sind fleißig am vorbereiten. Aber dazu

mehr im nächsten Bericht!

 

 

Alles

Liebe,

 

Anna

Lena

 

 

 

P.S:

Wenn man schon mal in den USA ist, muss man wenigstens einmal einen typischen

Geburtstagskuchen backen. Nancy und ich haben also einen

Eiscreme-Funfettikuchen mit bunten Zuckerstreuseln und blauem Icing (so was wie

Buttercreme) für Brittnis und Kendyls Geburtstag gebacken.

 

 

 

annalena(ät)weingut-schick.de

 

Anna

Lena Schick

c/o L'Arche Tahoma Hope Office

 

12303 36th Ave. East

 

Tacoma, WA 98446

 

USA