Bericht 3: Annalena Schick meldet sich aus Übersee!

Neues über Zucchinibrot, Football und Halloween

 

 

Liebe Unterstützer, Freunde, Verwandte und Bekannte,
der Blick auf den Kalender verrät: Allerhöchste Zeit für den nächsten Bericht! Apropos Zeit, sie vergeht wirklich wie im Flug (es sei denn, man wartet auf das Zucchinibread im Ofen) und ich kann gar nicht glauben, dass schon 2 1/2 Monate meiner Zeit in Tacoma verstrichen sind.

Endlich habe ich meine „Ausbildung“ abgeschlossen, nun darf ich alle Medikamente im Haus vergeben: Ewig viele Stunden mit Unterricht und Lernen liegen hinter mir, ebenso ein Test, der meine theoretischen und praktischen Fähigkeiten im Umgang mit unseren Core Members abgefragt hat. Der Test war eine einzige Aufregung, da ich meinen Pass vergessen hatte, der aber unbedingt vorgezeigt werden musste. Glücklicherweise konnte einer der anderen Assistants im Haus den Pass noch vorbeibringen, allerdings hat mir meine Vergesslichkeit einen ganzen Tag voller Warten in einem komplett braunen Wartezimmer eingebracht. Wo habe ich bloß mein Gehirn verloren?

Apropos Ausbildung: Bevor ich und die anderen Freiwilligen ins Ausland gesendet wurden, hat unsere Entsendeorganisation IN VIA Köln bei den beiden einwöchigen Vorbereitungsseminaren versucht, uns so gut wie möglich auf das Jahr vorzubereiten. Dazu gehörte nicht nur das Kennenlernen der anderen Freiwilligen und der Austausch mit
ihnen, sondern auch etliche Gespräche über effektive Kommunikation, Konfliktlösung, Vorurteile, Kultur etc. Dabei ging es vor allem darum, uns zum Nachdenken anzuregen – über unser Verhalten und Denken, aber auch was wir uns von dem Freiwilligendienst erhoffen und was wir benötigen, um uns wohlzufühlen.

In der Zwischenzeit habe ich auch meine „Gastfamilie“ kennengelernt: Jessie mit ihrem Mann Eric und ihrer süßen 2 jährigen Tochter Ellie. Sie sind Freunde der Community und für Michelle und mich da, wenn wir mal Abstand zu L'Arche brauchen. Anfang September waren wir alle zusammen auf der Washington State Fair, einem riesigen Jahrmarkt mit Achterbahnen, ganz viel Essen (hauptsächlich frittiert) und Tiershows. Außerdem wurden jede Menge Whirlpools, Traktoren und Winnie Pooh- und Hello Kitty-Gürtelschnallen angeboten – wer so was wohl kauft??

Seit dem letzten desaströsen Trip nach downtown Tacoma mit Michelle bin ich sehr viel sicherer bei der Benutzung des Bussystems geworden. So habe ich mit Pietro, einem Assistant aus meinem Haus an einem schönen Tag im September einen Tagespass erworben. Damit sind wir alle möglichen Buslinien gefahren und überall dort ausgestiegen, wo es schön aussah. Der Tag wurde noch besser, als wir im Restaurant unser Mittagessen umsonst bekommen haben, weil wir so lange warten mussten. In der Wartezeit hat Pietro mir die Regeln von Football erklärt, hier sind alle verrückt danach und feuern die Seattle Seahawks an.

Abends wird hier immer warm gekocht, es gibt einen Plan, wer wann eingeteilt ist. So lässt es sich nicht vermeiden, dass auch ich ab und an kochen muss und ich muss sagen, es ist schon eine Herausforderung, für 9 Leute mit allen möglichen Ernährungsplänen etwas zu zaubern. Mein größter Erfolg war bis jetzt eine Kürbissuppe mit Kürbis von der Farm.
Ansonsten backe ich lieber (was meine Mitbewohner mit großer Begeisterung aufnehmen) und dienstagabends duftet die Küche immer vom „Tuesday Treat“ wie das anfangs erwähnte Zucchinibread:

135g Butter oder Margarine in einer Schüssel cremig rühren, 200g Zucker, 1Pck
Vanillezucker und 3 Eier einrühren, ebenso 130g Nüsse (z.B. Walnüsse) und 180g
geraspelte Zucchini. Zum Schluss werden noch 300g Mehl mit 1 TL Backpulver und
Rosinen nach Belieben eingerührt. Gewürzt wird der Teig mit Zimt, Ingwer und Muskat.
Der Teig wird in eine eingefettete Kastenform gefüllt und für 1 Stunde bei 180°C gebacken.

Die ganze Community ist Mitte September für ein Wochenende nach Seabeck gefahren, ein Ort am Meer etwa 2 Stunden von Tacoma entfernt. Das Wetter war sonnig und warm, weshalb wir die meiste Zeit draußen verbracht haben – im Gras liegen, einen Spaziergang machen oder Kanu fahren oder den Sternenhimmel mit Unmengen Sternschnuppen bewundern. Der eigentliche Grund für das Wochenende am Meer war aber das neue Mandat von L'Arche Tahoma Hope: Alle zusammen haben überlegt, was die neue Leitlinie für die nächsten 4 Jahre sein könnte.

Je näher Halloween rückte, desto mehr Kürbisse, Spinnenweben und Skelette zierten die Haustüren und Vorgärten – hier wird Halloween definitiv mehr gefeiert als in Deutschland. Auch Michelle und ich haben uns von dem „Pumpkin-Carving“-Fieber anstecken lassen. Auf einem Kürbisfeld hat sich jeder den schönsten ausgesucht und ein Kunstwerk daraus
gemacht. Dabei haben wir „Cider“ getrunken, heißen Apfelmost mit Zimt und Zucker (man sollte meinen, dass in Apfel schon genug Zucker drin ist ;) ). Natürlich gab es auch ein Community-Halloween-Fest, an dem sich alle verkleidet haben. Farmhouse hat sich ein Gruppenkostüm ausgedacht, wir sind alle als Charaktere aus „Der Zauberer von Oz“ gekommen – es gab natürlich Dorothy und den Löwen, aber auch der Hurricane und ein Regenbogen waren dabei.

Auch auf der Farm gibt es Neuigkeiten: Seit 2 Wochen haben wir wieder Küken, die sich einfach zu schnell bewegen, um ein scharfes Bild von ihnen zu machen. Ansonsten hat die Bastelzeit angefangen, wir machen Grußkarten, kleine Büchlein und Fotorahmen aus unserem selbstgemachten Papier. Die Arbeit draußen besteht aus Felder umgraben, umpflanzen und das letzte Gemüse ernten, all das in einem einzigen Matschfeld. Es vergeht eigentlich kein Tag, an dem es nicht regnet.

Im Haus läuft auch alles rund, im Moment leben unsere 4 Core Members und 5 Assistants im Haus. Stück für Stück lernen wir uns immer besser kennen, dabei übt man sich in Geduld – tiefere Beziehungen entwickeln sich eben nicht innerhalb weniger Wochen. Abends die Nachtroutinen gehen mir immer leichter von der Hand und insgesamt fühle ich mich hier immer noch sehr wohl.

Der nächste Bericht über den November kommt bestimmt, bei Fragen oder anderen Rückmeldungen freue ich mich sehr über eine E-Mail an annalena(ät)weingut-schick.de und werde versuchen, sie so bald wie möglich zu beantworten. Falls irgendwer mir Post schickt, der schicke sie bitte an folgende Adresse, da wir den Verdacht haben, dass sich unser Briefkasten manchmal von selbst öffnet und die Post herausfällt:
Anna Lena Schick
c/o L'Arche Tahoma Hope Office
12303 36th Ave. East
Tacoma, WA 98446
USA

Liebe Grüße aus dem regnerischen Tacoma,
Anna Lena