Brennpunkt Boni II: Wo bleiben Moral und Glaubwürdigkeit?

Stellungnahme von Frau Cindy Heine, stellvertretende Vorsitzende des Schulelternrats

 

 

 

Wo bleiben Moral und Glaubwürdigkeit?
Wahrnehmungen im Kampf um die Bonifatiusschule II

Liebe Leser,
der Schulelternrat der Bonifatiusschule II Göttingen engagiert sich seit Mitte März mit großem Aufwand für die Veränderung des mittlerweile überaus strittigen Ratsbeschlusses vom 16. März 2012, in dem der Stadtrat für die Boni II eine rein katholische Neuaufnahme im Jahrgang 5 festgelegt hat – doch eine detaillierte und logisch nachvollziehbare Begründung für das Vorgehen der Ratsentscheidung gibt es nicht wirklich.
Auch wenn wir mittlerweile durch den Verwaltungsrechtler Rechtsanwalt Synofzik haben feststellen können, dass der Rat eine solche Modifizierung nicht vorschreiben darf, - die gesetzliche Regelung entspricht 70:30, d. h. neben katholischen Kindern dürfen 30 % nichtkatholische Kinder aufgenommen werden – streitet die Stadtverwaltung dies einfach ab und sagt, sie sei im Recht.
Das ist tatsächlich bei einer Reihe von Aussagen so, wie in der vergangenen Sitzung des Schulausschusses am 28.06.2012 leider sehr deutlich geworden ist:
Zum Gutachten von RA Synofzik wird seitens der Stadt aufgeführt, dass bereits in der Ratssitzung im März auch weitere Gutachten unserseits vorgelegen hätten, die eben etwas anderes wiederspiegeln würden, und dass der Rat der Stadt und die Verwaltung aber eine andere Meinung hätten. Da werden vorgebrachte Zweifel einfach weggewischt und sind somit nicht mehr zu beachten. Solange es keinen Kläger gibt, macht die Stadt einfach nach „ihrem Recht“ weiter...
Da werden Nachfragen der Fraktion über die ggf. 35 zu verteilenden Kinder beschwichtigt mit der Aussage, dass dies „Doppelanmeldungen“ seien. Dies wird als Antwort auch so akzeptiert, weil der Fragende nicht im Detail mit den Informationen vertraut ist, dass diese 35 nichtkatholischen Kinder an der Boni II durchaus Doppelanmeldungen für die Voigtschule sein könnten. Das würde aber bedeuten, dass demnach evtl. nur 20 Kinder tatsächlich an die Voigtschule wollen, die anderen 35 haben sich eben nur durch die „schwebende Aufnahme der Boni II“ woanders (ggf. an der Voigtschule) „doppelangemeldet“.
Auch werden Informationen zu einer möglichen Änderung der Boni II in eine Oberschule abgetan mit einem vorgelesenen Artikel von März 2012, der das ausschließt, und dass es wohl seither keine aktuelleren Informationen gäbe. Diese Informationen gibt es aber doch! Am 08.05.2012 unterzeichneten der apostolische Nuntius und der niedersächsische Ministerpräsident eine Anpassung des Konkordatsvertrages, dass betroffene katholische Haupt- u. Realschulen in Oberschulen mit Gymnasialzweig geändert werden könnten. Dies hat für das Bistum Hildesheim Bischof Trelle ebenfalls unterzeichnet. Das kann jeder auf der Internetseite des Bistums Hildesheim nachlesen und auch das GT berichtete darüber.
Da wird uns Eltern erzählt, der Rat dürfe sich innerhalb 6 Monaten nicht mehr mit der Thematik Bonifatiusschule II befassen. Erst nach Zurechtweisung unseres Anwalts wird seitens der Stadtverwaltung zugegeben, dass dies durchaus möglich ist. Auch dass die Stadt sich nicht nochmals an das Kultusministerium wenden kann, wurde so widerlegt. Bisher wurden wir Eltern immer wieder von einem zum anderen geschickt. Und wir sind stets bemüht all diese Wege gegangen und wurden am Ende mit einem von uns erstellten 3-Punkte-Plan zur Annäherung schlichtweg einfach nicht ernst genommen. Alle Beteiligten (Stadt, Kul-tusministerium, Bistum) schicken uns nach wie vor zu den jeweils anderen Stellen. KEINER ist bereit Verantwortung zu übernehmen. Im Gegenteil, immer noch werden wir, der Schulelternrat, aufgefordert, bei den jeweils anderen Beteiligten Lösungen zu erwirken. Ist das unsere Aufgabe?
Wir haben uns viel Mühe gegeben, genau das umzusetzen - so viele verschiedene Gespräche mit Mitgliedern des Rates, der Stadtverwaltung, des Kultusministeriums und des Bistums geführt. Speziell im Kontakt mit den Mehrheitsparteien SPD und Grüne lagen zwischen den Aussagen im direkten Gespräch einerseits sowie Aussagen und Verhalten in der vergangenen Schulausschusssitzung andererseits wahrlich Welten!!! Scheinbar wurde seitens der Politik hier lediglich bewusst unsere Zeit vertrödelt. Jeder trägt seinen eigenen Blickwinkel und sein eigenes Rechtsverhalten vor sich her und ist nicht gewillt, sich mit diesem Thema zu befassen.
Ich persönlich finde diese Haltung überhaupt nicht nachvollziehbar, ausgesprochen lächerlich und überaus enttäuschend. Enttäuschend, dass Politik so unehrlich ist. Enttäuschend, dass jeder Recht haben will, allein um Recht zu haben, und keineswegs der Sache und den Betroffenen dienlich ist. Jeder will allein sein Gesicht wahren, egal welche Maske er dabei aufsetzt. Ist das Politik? Das ist zumindest die Politik der Mehrheitsfraktionen unserer Stadt, die mir in den letzten Wochen begegnet. Wobei ich ausdrücklich darauf hinweisen möchte, dass außer SPD und Grüne uns alle anderen Fraktionen positiv, wohlgesonnen und nachdrücklich unterstützen. Die eigene Haltung mal zu verändern, sich in eine andere Richtung zu bewegen, die Bereitschaft Entscheidungen zu überdenken, das zeugt m. E. von wahrer Größe und stünde Rat und Verwaltung ausgesprochen gut. Das würde sicherlich auch die Wähler für kommende Wahlen beeindrucken. Das würde uns voranbringen – aufeinander zu, hin zu einem „Miteinander – Füreinander“ - auch im Sinne der Schulvielfalt und Schulqualität. Verlierer sind bis hierhin die neuen Kinder und ihre Eltern.  Kinder, die sich bewusst für diese Schule entschieden haben. Kinder, die nicht begreifen, warum der große Bruder auf diese Schule gehen darf und sie selbst nicht. Kinder, die einfach aber klar formulieren: Ich will an die Boni II! Man beachte, dass es neben den katholischen Anmeldungen lediglich um 8 nichtkatholische Kinder geht.
Und der Elternwille, der bisher ja immer sehr entscheidend für die gewünschten neuen Gesamtschulen war, wird für die Eltern, welche die Boni II wählen, komplett außer Kraft gesetzt! Elternwille einfach nicht anwendbar, weil die Politik ihr eigenes Recht strickt. - Das darf doch nicht sein! Wir werden weiter kämpfen für Moral und Glaubwürdigkeit!!!

Cindy Heine