Brunnengespräch mit Pfarrer Uwe Büttner aus dem Erzgebirge

Glaube in der DDR und BRD, damals und heute

In Sankt Michael gibt es eine lose neue Reihe: Brunnengespräche. Darunter sollen Gespräche mit Menschen verstanden werden, die interessante Glaubensbiographien haben. Und eine solche hat Pfarrer Uwe Büttner allemal...

Ein gutes Dutzend Interessierter hatte sich am sommerabendlichen Donnerstag im ANCORA-Zentrum eingefunden, um mit dem evangelisch-lutherischen Pfarrer ins Gespräch zu kommen. Er ist Pfarrer der Kirchgemeinde Gornau
(Ev.Luth. Pfarramt Dittmannsdorf/Gornau/Witzschdorf)
im Erzgebirge und "Landpfarrer" aus Leidenschaft. Freilich hat es dieser besonders schwer die oft über weite Strecken verstreuten Gemeindemitglieder zu binden.

Zu Beginn sammelte der Referent einige Meinungen bzgl. DDR ein, wobei die Negativen eindeutig überwogen. Pfarrer Uwe Büttner wurde zwar - auf Druck seine Oma - getauft, wuchs aber unreligiös und atheistisch in einer naturwissenschaftlich geprägten Familie auf. Den ideologischen Rest besorgte dann die atheistische-marxistische Schule, die ihm ein "geschlossenes Weltbild" mitgab. In der 9. Klasse aber stellten sich ihm Fragen, die niemand beantworten mochte oder konnte. Nur ein Mitschüler nagte an den selben Fragen. Mit 16 kam er dann zum Glauben. Pfarrer Büttner kann noch genau sagen, wie damals - es war im Pfarrhaus - die Stimmung war, wie es roch, wie das Wetter war - es war für ihn klar: "Ich will jetzt Christ sein!" Den Ruf des Abraham aus Gen 12,1-2 "Geh weg aus deinem Vaterhaus... hörte er auch in seinem Leben. Mittels vieler Gespräche und Freunde machte er - über den zweiten Bildungsweg - ein Bibelstudium am Paulinum in (Ost-) Berlin und ging dann in den Pfarrdienst.

Dass es damals keinen Religionsunterricht in den Schulen, vielmehr die Christenlehre in den Gemeinden gab, sieht er mit gemischten Gefühlen. Die Entkoppelung von Katechese und Notensystem hatte neben vielen Nachteilen auch Vorteile und schweißte zusammen. Übrigens nicht nur die Gemeindemitglieder unter sich, sondern auch Gemeinden, ja Konfessionen unter- und miteinander. Manchmal vermisst er dieses Ziehen am gleichen Strang heute.

Überhaupt wurde an diesem Abend fraglich, ob sich Ost und West gar so unterscheiden, ja ob man bei den "Ossis" oder bei den Deutschen überhaupt von Atheismus sprechen kann, weil ohne Glauben (d.h. hier: Vertrauen) letztlich niemand leben kann und auch niemand lebt. Pfarrer Büttner sieht in der Verehrung der Ärzte ("Halbgötter in Weiß") oder im Kult um das eigene Häuschen letztlich Ersatzreligionen am Werk, die aber letztlich genauso religiös oder nicht religiös sind wie die offiziellen Religionen auch. Auch die marxistische Staatdoktrin war eine (Quasi-) Religion. Dem obersten Gott "Gerechtigkeit" wurde zugejubelt, wurden Opfer gebracht und manchmal alles untergeordnet, u.a. auch die Wahrheit... Freilich: Die Herrschenden konnten sich ihrer Sache auch nie wirklich sicher sein. der 17. Juni 1953, der Prager Frühling oder der Ungarnaufstand machten den Machthabern klar, auf welch tönernen Füßen man letztlich stand. Es herrschte ein Klima der Angst, sowohl bei den Unterdrückten, als auch bei den Unterdrückern.

Nach Pfr Büttner könnte es sein, dass die westlichen Konsumgesellschaften mit ihren vielen Beschäftigungs- und Ablenkungsmöglichkeiten das Aufkommen der religiösen Frage erschweren. Aber auch in ihnen kann sich die religiöse (An-) Frage schnell stellen. Er nannte dabei das Zugunglück von Eschede, wo mit einem Schlag viele Seelsorger gefragt waren, weil die üblich gewordenen Mechanismen nicht mehr griffen.

Im Anschluss an den sehr persönlichen Vortrag gab es die Möglichkeit zu fragen, wobei (allzu) große Themen nur kurz angeschnitten werden konnten, zumal Pfarrer Büttner noch am späten Abend nach Chemnitz fahren musste.

Die Brunnenreihe wird in loser Form fortgesetzt. Der Start war schon mal gelungen!