Fremde aufnehmen - zu Besuch bei der Heilsarmee!

Fortsetzung der Reihe "Werke der Barmherzigkeit"

 

Am Freitag, den 8. April besuchte die Citypastoral eine weitere Station im Rahmen der Reihe Werke der Barmherzigkeit. Diesmal ging es um das "Werk" Fremde aufnehmen (Mt 25,38). Hier dürfte vielen sofort der Name Heilsarmee in den Sinn kommen. Das gilt auch für Polizeistationen und Kirchengemeinden, wenn Obdachlose um ein Quartier bitten. Leider sind die Bedingungen für Obdachlose und die Arbeit mit ihnen nicht so doll wie in anderen Städtenn, so Frau Esther Gulde. In Göttingen gibt es mehr Bürokratie als anderswo. Übernachtungsscheine der Stadt gibt es nur für eine Nacht - am nächsten muss man wieder einen beantragen!

Frau Gulde lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern mitten im Heim. Die Gäste gehören somit quasi zur Familie, auch wenn der Wohnbereich der Familie noch einmal abgegrenzt ist. Freilich: Wenn's unten klingelt, dann muss sie schon mal raus! Ran muss sie auch, wenn es zu Streitereien unter den Bewohnern kommt. Erstaunlicherweise haben dann aber die Raufbolde vor ihr als Frau mehr Respekt als vor ihrem Mann, berichtet die Leiterin und Seele des Hauses. "Da scheint es doch eine innere Hemmschwelle zu geben" meint sie.

Manche Gäste im Haus sind schon lange da. Der längste, jetzt bereits verstorbene Gast, sogar 30 Jahre lang. Viele sind auch im Haus verstorben. Dann gehen die anderen schon mal mit zur Beerdigung. Überhaupt sind die manchmal so raubeinig aussehenden Männer gar nicht so hart wie sie aussehen, obwohl sie alle bewegte Geschichten aus dem Leben erzählen könnten. Manche arbeiten, meist im Arbeitsmarkt zwei. Auch die Angestellten, die im Haus mitarbeiten, sind betont aus dem zweiten Arbeitsmarkt gesucht, also von denen, die auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Chance hätten.

Relativ neu ist, dass neben den klassischen Männern jetzt auch Flüchtlinge, Minderjährige ohne Eltern, untergebracht sind. Da kommt's schon mal zu Spannungen. Davon können schon gut bürgerliche deutsche Teenager-Eltern ein Lied singen. Das zusätzliche Problem ist die Kommunikation, weil die Teenager aus Afghanistan und Eritrea kaum Deutsch können und sie sich auch untereinander nicht wirklich verständigen können. Es gibt auch unter den Flüchtlingen selbst große kulturelle Unterschiede, aber auch zu Deutschland. Das fängt schon bei der Frage an, wie man eine Toilette richtig benutzt oder dass man eine Hausordnung einhält. Dennoch sind die jungen Leute unter dem Strich ein Gewinn für das Haus - auch finanziell, denn das Männerwohnheim ist darauf angewiesen "voll" zu sein, um an die nötigen Gelder zu kommen, um das Haus zu unterhalten.

Dies war bereits der zweite Besuch der Citypastoral bei der Heilsarmee. Beim letzten Mal ging es mehr um die Heilsarmee als Kirche, dieses Mal stand mehr die Arbeit und das Schicksal der Bewohner im Vordergrund. Unter den Besuchern herrschte unisono großer Respekt für Familie Gulde für die treue und stille Arbeit, aber auch für die der Angestellten und Bewohner. Sie alle stehen in der Nachfolge Jesu, in dem sie Fremde aufnehmen.