Heilige Räume - Heilige Bewegungen - Heilige Klänge

Nacht der Kirchen in Sankt Michael mit Anke Kolster / Frieder Mann und ProCant

 

 

 

 

 

Heilig - was ist das? Lässt sich das beschreiben? Womöglich ausdrücken in Musik und in Tanz? Eine Antwort darauf gab Pater Hösl SJ in seiner Predigt in der Festmesse zu Allerheiligen: "Was wir schon sind, was wir einmal sein werden."

Ein Wagnis war das, was darauf folgte. Wer eine unterhaltsame Tanzdarbietung mit Musik erwartete, wurde enttäuscht. Irritiert waren alle BesucherInnen irgendwie. Als passiver Zuschauer bekam man zunächst nicht auf die Reihe, was da eigentlich passierte. Und dennoch ereignete sich "etwas", entwickelte sich "etwas", "etwas" berührte einem: das Nicht-Sagbare, das Heilige. Alles und jeder schwieg, man wurde still - und war gespannt, was da noch kommen sollte.

Wie musste man sich diesen Improvisationstanz im sakralen  Raum konkret vorstellen? Barfuß, in schwarz gekleidet, ein Mann und eine Frau, bewegen sich, ohne Musik, tanzend durch den Kirchenraum. Sie fingen im Altarraum an, arbeiteten sich durch das Mittelschiff hindurch bis zum Taufbecken und weiter zum Kirchenportal hinaus auf die Straße. "Zieh deine Schuhe aus, denn dort, wo du stehst (oder besser gesagt: wo du dich bewegst), ist heiliger Boden." (Ex 3,5) Parallelen zur Liturgie waren stellenweise unverkennbar: das Gebet vor dem Tabernakel, die Erfrischung am Taufbecken (Tauferneuerung) oder die Körper der Tänzer als durchkreuztes Leben. Was man hier zu sehen bekam, konnte man eigentlich nicht in Worte fassen. Faszinierend und irritierend zugleich. Zeitweise zitterten die Tänzer am ganzen Körper, gerieten  in eine sonderbare Schwingung. Der Ausdruck des Heiligen schien den ganzen Körper- und Kirchenraum zu durchdringen, dem man sich nicht entziehen konnte: mysterium tremendum et mysterium faszinorum.

Leichte Kost war dieser Abend gerade nicht. Auch nicht die Chormusik zu Allerheiligen interpretiert von Procant. Dafür aber ein wahrer Ohrenschmauss!!! Die Musik von Procant wechselte sich im 1/2 stündigen Zeittakt mit dem Improvisationstanz ab. Größer hätte der Kontrast zwischen klassischer Chormusik und abstraktem, avantgardistischem  Tanz kaum sein können.

Heilig - was wir schon sind, was wir aber auch noch sein werden - das hatten alle Künstler dieser Nacht in Sankt Michael eindrucksvoll "übersetzt ".

Mechthild Jose-Thumbeck