Historische Baumaßnahmen im Michaelshaus: Der 134 Jahre alte Aufzug wird erneuert!

Mechthild José-Thumbeck und Sylvio Krüger über die Hintergründe der derzeitigen Arbeiten im Pfarrhaus

Derzeit wird im Michaelshaus der Fahrstuhl ausgewechselt. Das bedeutet nichts Geringeres als eine historische Zäsur, denn dieser Aufzug ist geschichtsträchtig.

Mechthild José-Thumbeck hat sich einmal im Rahmen einer ihrer Geistlichen Stadtführungen mit der Geschichte des Michaelshauses (und des darin befindlichen Aufzuges) beschäftigt. Sie berichtet: Ernst Friedrich Vollmer, Kirchenvorsteher, Gönner und Stifter von Sankt Michael erwarb das Grundstück in der Straße Klein Paris Nr. 22 - der heutigen Turmstraße Nr. 6 . Klein-Paris war damals der ärmste und zugleich verrufenste Stadtbezirk in Göttingen. Auf diesem Gelände sollte ein neues Klostergebäude für die Vinzentinerinnen errichtet werden. Dies wurde am 14. November 1867 unter dem Namen Mariahilf eingeweiht. Im neuen Gebäude richteten die Ordensschwestern zusätzlich eine katholische Mädchenschule ein, die allerdings während des Kulturkampfes am 1. Oktober 1876 geschlossen werden musste. Da die Leistung der Schwestern in der Sozialfürsorge für die so genannten „gefallenen Mädchen“ und in der ambulanten Krankenpflege in der ganzen Stadt hohe Beachtung fand, stand einer Vergrößerung der Krankenstation nichts im Wege. So ließ der Orden – nach dem Auszug der Schule - auf eigene Kosten das Klostergebäude zu einem Krankenhaus Mariahilf umbauen, das im Jahre 1879 eröffnet worden ist: 7 Einbettzimmer, 1 Operationssaal, 1 Waschküche und 1 bescheidene Badestube wurden eingerichtet und – für damalige Verhältnisse - zwei technischen Neuheiten: eine Wasserleitung und ein Fahrstuhl, mit dessen Hilfe man die Krankenbetten transportieren konnte.

Das Krankenhaus war ein reines Belegkrankenhaus, d.h. jeder Patient ließ sich von selbst gewählten Arzt oder Hausarzt behandeln. Ebenso individuell war die Krankenhausseelsorge. Jeder Patient konnte sich seinen Seelsorger selbst wählen. Die Vinzentinerinnen machten bei der Krankenpflege keinen konfessionellen Unterschied. Laut Pfarrarchiv von Sankt Michael wurden beispielsweise im Jahr 1880 stationär 36 Kranke gepflegt, davon 23 evangelische und 13 katholische. Ambulant wurden 83 Kranke versorgt, davon 60 evangelische, 20 Katholische, 3 jüdische Patienten bei insgesamt 510 Nachtwachen.

Mittlerweile gab es ein zweites katholisches Krankenhaus in Göttingen Neu-Mariahilf, das ebenfalls von Vinzentinerinnen bereits im Jahr 1896 in der Humboldt/Allee errichtet worden war. So stand für den Orden fest, dass das Krankenhaus in Sankt Michael, seitdem Alt-Mariahilf genannt, in absehbarer Zeit aufgelöst werden würde. Nachwuchsmangel machte diesen Schritt notwendig. Am 1. Oktober 1966 schloss Alt-Mariahilf für immer seine Tore.

Zur Geschichte des derzeit umgebauten Aufzugs weiß Sylvio Krüger: Der Aufzug im Michaelshaus war der Krankenhausfahrstuhl Alt-Mariahilf. Nach Angaben der Firma Otis ist dies der älteste funktionierende Fahrstuhl in Göttingen – gewesen muss man jetzt wohl sagen! Er stammt aus dem Jahr 1924. Nach einer Gefährdungsbeurteilung durch den TÜV hätten sehr umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, so dass die Bauabteilung des Bischöflichen Generalvikariats beschloss einen neuen Fahrstuhl einzubauen. Bauherr ist die Gemeinde Sankt Michael (Vertreten durch Sylvio Krüger), die Bauleitung hat das Architektenbüro Kwoczek.