Jesuitenflüchtlingsdienst: "Europa muss Leben retten!

In Schweden ist die Kirche erste Anlaufstation für 3000 Flüchtlinge pro Woche (davon 40% Katholiken)

 

Berlin – Von dem EU-Sondergipfel zum Flüchtlingsdrama im Mittelmeer fordert der Jesuiten-Flüchtlingsdienst schnelle und umfassende Maßnahmen. Europas höchste Priorität muss eine umfassende Seenotrettung sein, die nicht nur schnelle Rettungsmaßnahmen gewährleistet, sondern auch aktiv nach Booten in Seenot Ausschau hält.

Konkret fordert der Jesuiten-Flüchtlingsdienst die EU-Regierungschefs dazu auf, die Aufnahmekontingente für Flüchtlinge im Rahmen sogenannter Resettlement-Programme erheblich zu erhöhen, Familienzusammenführungen für diejenigen, die Angehörige in der EU haben, zu ermöglichen und den Visumszwang zeitweilig auszusetzen oder zumindest die Möglichkeit humanitärer Visa einzuführen. Pater Frido Pflüger SJ, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes Deutschland, sagte in Berlin: "Wer Schleusern das Handwerk legen will, muss sichere Fluchtwege nach Europa schaffen. Politiker müssen jetzt mit der Betroffenheitsrhetorik aufhören und endlich Leben retten."

"Auch die Vorschläge im angekündigten 10-Punkte-Plan gehen nicht weit genug. Sie widmen sich wieder einmal ausführlicher der Abwehr und Verteilung von Flüchtlingen als ihrer Rettung",  kritisierte der Jesuit Pflüger weiter. "Europa braucht keine kaltherzige Abwehrpolitik, der jede Veränderung durch hunderte von Toten abgerungen werden muss, sondern eine grundlegende Neuorientierung in der Flüchtlingspolitik."

Am Wochenende war vor der libyschen Küste ein Flüchtlingsboot gekentert. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR waren rund 700 Menschen an Bord, von denen 28 gerettet werden konnten. Ein Überlebender berichtete von 950 Bootsinsassen, darunter 50 Kinder. Laut der International Organisation for Migration (IOM) sind seit Jahresbeginn im Mittelmeer 1.500 Menschen ertrunken. Zum selben Zeitpunkt im Vorjahr waren es demnach 108. Am Montag gerieten wieder Hunderte Menschen an Bord eines Flüchtlingsschiffs in Seenot.

www.jesuiten-fluechtlingsdienst.de

Stockholm - 3.000 Flüchtlinge pro Woche erreichen seit Anfang 2014 Schweden. Im Jahr 2013 waren es insgesamt 80.000 Flüchtlinge. Etwa 40 Prozent von ihnen sind katholisch. Das stellt die kleine katholische Kirche in Schweden vor große Herausforderungen. "Erst neulich sind zwei Flüchtlinge aus Eritrea und aus Nigeria zu uns gekommen", berichtete Pater Dominik Terstriep SJ, Pfarrer der St. Eugenia-Gemeinde in Stockholm, bei einem Besuch deutscher Vertreter des Bonifatiuswerkes. Die Flüchtlinge seien von der Seerettung gefunden worden und direkt in die Kirche gekommen. "Sie sagten mir, dass sie endlich einen Ort gefunden hätten, wo sie beten könnten. Ich war sehr bewegt davon, dass diese Menschen direkt zu uns in die Kirche gekommen sind, insbesondere wenn man sich überlegt, welch weiten Weg sie zurückgelegt haben", so der Jesuit.

Heimat für Menschen in Not

In Schweden suchen Menschen, die aufgrund von Verfolgung oder Krieg gezwungen sind ihr Heimatland zu verlassen, nach einem Ort, an dem sie sich wieder frei und beheimatet fühlen können. Wie etwa chaldäische Christen, die aus dem Irak, Syrien oder der Türkei stammen und ihre Heimat aufgrund von Christenverfolgung verlassen mussten, und die nun in Södertälje mit Unterstützung des Bonifatiuswerkes eine eigene Kirche bauen wollen. Von den 9,6 Millionen Schweden sind nur etwa 200.000 Katholiken. Die Pfarreien erstrecken sich über viele hundert Quadratkilometer, die von 164 Priestern seelsorgerisch betreut werden, was für sie nicht leicht ist.

Bei dem Besuch berichtete Pater Terstriep SJ über die Geschichte und die aktuelle Pastoralarbeit in der Diaspora Schwedens am Beispiel von St. Eugenia, der größten katholischen Gemeinde in Stockholm. Neben der Flüchtlingsarbeit ist die Erwachsenenkatechese ein besonderer Schwerpunkt. Sie findet regelmäßig (14-täglich) an Wochenenden und dauert drei Jahre. Rückgrat der Gemeindearbeit bilden 350 Freiwillige, die durch eine hauptamtliche Koordinatorin unterstützt und differenziert eingesetzt werden.  

Heimat für Suchende und Fragende 

"Unsere Gemeinde soll ein Schaufenster der katholischen Kirche sein", so der Gemeindeleiter. Das impliziert eine offene Gemeinde und eine offene Kirche, die Heimat bietet. Heimat für Migranten aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen, Heimat aber auch für Suchende und Fragende aus allen Teilen der Gesellschaft. Dabei wird in Schweden die philosophische und theologische Redlichkeit der katholischen Kirche geschätzt, ebenso wie spirituelle Angebote und eine lebendige Gemeinschaft.

(Quelle: www.bonifatiuswerk.de)