Karfreitagsliturgien in Sankt Michael und Reinhausen

Auch wenn es schwer zu vermitteln und unbequem ist: Am Heilstod Jesu Christi müssen Christen festhalten!

Eine der Hauptthemen zum Karfreitag scheint derzeit zu sein, ob man das Tanzverbot nichtaufheben sollte. Offensichtlich spüren manche besonders am Karfreitag das Bedürfnis das Tanzbein zu schwingen. Aber es gibt auch noch sehr viele Christen, die die Gottesdienste an diesem Tag aufsuchen, geht es doch an diesem Tag um die Erlösung schlechthin. Seit Jahren nimmt auch in katholischen Gebieten und Kirchen der Kirchenbesuch am höchsten evangelischen Feiertag zu.

Zur Sterbestunde Jesu, am Karfreitag um 15:00 Uhr feierte die Gemeinde Sankt Michael in Göttingen die Karfreitagsliturgie. Schon eine gute Stunde vorher hatten sich die MessdienerInnen getroffen, um zu üben. Denn die Faszination dieses einmaligen Gottesdienstes im Kirchenjahr besteht darin, dass alles irgendwie anders ist und doch alle irgendwie das Richtige machen - und zwar ganz ohne Erklärungen und Regieanweisungen. Nirgendwo sonst kann man die Kraft katholischer Liturgie so stark spüren, wie am Karfreitag. Damit das aber klappt, müssen viele Dinge vorher klar, abgesprochen und auch eingeübt sein.

Um 15:00 Uhr zog das Liturgieteam, die MessdienerInnen, der Kantor Stephan Diedrich und P. Hösl still ein. Es gibt am Karfreitag ja weder Glocken- noch Orgelklang. Vorne, an der Grundlinie angekommen, die Prostratio, das Sich-Niederwerfen, wie man das auch von Priesterweihen kennt. Die Gläubigen knieten währenddessen. Ein einfaches Tagesgebet eröffnete die Liturgie. Im Zentrum des ersten Teils stehen die biblischen Lesungen, die Margret Langenhorst und Horst Richter vortrugen. Zusammen mit P. Hösl lasen sie auch - unterbrochen von Gesängen, die Stephan Diedrich anstimmte - die Passion nach Johannes vor.

In der anschließenden Predigt betonte P. Hösl, dass Christen gut daran tun den blutigen Tod Jesu am Kreuz zu verteidigen. Auch wenn die Anfragen sowohl von außen wie von innen zunehmen, sollten die Kirchen der Versuchung widerstehen um des vermeintlichen lieben Friedens willen, diese gemeinchristliche Grundwahrheit aufzuweichen. Die Kirche würde damit letztlich den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Am Beispiel einer Feuerwehrstation erklärte der Priester, dass man allein am Aufwand einer Rettungsaktion abschätzen kann, dass „etwas“ passiert ist. Wir wissen zwar nicht, warum Gott diese Form von „Rettungsmaßnahme“ für notwendig hielt, aber offensichtlich waren andere nicht mehr hinreichend. Das nötigt gegenüber dem Geschehen auf Golgota nicht Besserwisserei, sondern Respekt und Dankbarkeit ab. Wenn Dank und Respekt schon der Arbeit der Feuerwehrleute gebürt, dann in umso stärkeren Maß für Gott für seinen „Feuerwehrmann“ Jesus Christus.

Um einen gewissen Einsatz geht es auch bei den Großen Fürbitten, denn diese ziehen sich. 10x Beuget die Knie - erhebet euch! Das geht in die Beine, aber vielleicht ist das auch gut so.

Jetzt begann der zweite Teil, die Kreuzverehrung. Das alte Kreuz – die älteste Figur von Sankt Michael - hatte Sylvio Krüger im Gemeindesaal aufgebaut. Jetzt wurde es von den Liturgen "abgeholt". Die Klapper – Ministranten waren zwar nicht zu sehen, dafür aber zu hören Jeweils am Seiteneingang, am Taufbrunnen und vorne an den Altarstufen gab es ein Ecce Lignum, verbunden mit einer schrittweisen Abnahme der violetten Verhüllung. Das Kreuz wurde zwischen die Leuchter auf Kissen gelegt. Nun begann die nicht enden wollende Verehrung des Kreuzes. Die Gläubigen kamen in Zweierreihen nach vorne, machten eine Kniebeuge oder verbeugten sich. Für manch ein älteres Semester eine echte körperliche Anstrengung, die aber irgendwie sein musste. Viele Christen kamen: Katholische und andere, junge Frauen und ergraute Männer (und umgekehrt), Studierende und Rentner, Fromme und Skeptiker. Dazu wurden klassische Passionslieder gesungen wie O Haupt voll Blut und Wunden oder Du hochheilig Kreuze.

Ein einfaches Segensgebet schloss den Gottesdienst ab, der so endete wie er begann - mit einem stillen Auszug. Anschließend gab es die Möglichkeit das Sakrament der Beichte zu empfangen, was auch reichlich nachgefragt war. Nach dem Verlust des zweiten Beichstuhl im Zuge der Innenrenovierung hat sich der Behelfsbeichtraum am Orgeltreppenaufgang gut bewährt.

Um 16:30 Uhr feierte dann P. Rieder, Praktikant Marcus Grabisch, Hubert Schmoll und viele andere in Reinhausen ebenfalls die Karfreitagsliturgie. Hier geht mittlerweile ein eingespieltes Team zu Werke.

Außer der Karmette um 9:00 Uhr findet am Karsamstag kein Gottesdienst in Sankt Michael statt. Sylvio Krüger, Stefanie Florenz und viele Helferinnen werden dann einen Tag Zeit haben, die nüchterne Kirche in eine österliche Kirche zu verwandeln. Alle in Sankt Michael wissen: Es wird ihnen gut gelingen!