Kirchen sind in der Ukraine wichtige Vermittler

Der vormalige Provinzial der Jesuiten und jetzige RENOVABIS - Leiter Stefan Dartmann SJ über die Lage in der Ukraine

 

 

 

Freising (KNA) - Die Kirchen sind aus Sicht des Hauptgeschäftsführers des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, Pater Stefan Dartmann SJ, im Ukraine-Konflikt wichtige Vermittler. Im umkämpften Osten des Landes stelle es für die Kirchen "eine große Herausforderung dar, in gleicher Weise zur Befriedung beizutragen, wie das erfolgreich auf dem Maidan geschafft wurde", sagte Dartmann der KNA in Freising. Die Glaubensgemeinschaften setzten sich gegen eine Eskalation der Gewalt ein, seien aufgrund des zunehmenden Nationalismus auf beiden Seiten aber in einer schwierigen Situation.

Wie der Jesuit weiter erklärte, sprechen die Kirchen zumindest in der Ukraine selbst in einem Grad mit einer Stimme, wie es nicht zu erwarten gewesen sei. Ihr Ziel sei, "die Stimme der Vernunft und der Besonnenheit zu stärken". Die fünf Kirchen des Landes, denen eine viel stärkere Position zugekommen sei als vor Jahren erwartet, hätten sich in den letzten Monaten aufeinander zubewegt. "Es herrscht die Einsicht, dass dieses Land seine Zukunft selber bestimmen können muss", sagte Dartmann.

Auch die orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats habe eine Intervention Russlands nicht gerechtfertigt. "Es ist auffallend, dass man bis in die höchsten Spitzen in Moskau hinein auf eine gewisse Distanz zur Politik der russischen Regierung gegangen ist", so Dartmann. Die gesamte Entwicklung in der Ukraine beunruhige ihn aber, da mittlerweile viele Szenarien mit schlimmen Konsequenzen realistisch seien.

Die Projekte der kirchlichen Solidaritätsaktion, die ihren Schwerpunkt in Ost- und Mitteleuropa hat, sind aus Sicht ihres Hauptgeschäftsführers nicht gefährdet. Wegen der enormen Preissteigerungen helfe Renovabis auf der Krim kurzfristig mit Medikamenten- und Nahrungsmittellieferungen. Langfristige Projekte in den Bereichen Bildung und Zivilgesellschaft würden in allen Teilen des Landes, schwerpunktmäßig aber im Westen unterstützt.

Hauptpartner von Renovabis sind laut Dartmann die griechisch-katholische Kirche mit rund fünf Millionen und die römisch-katholische Kirche mit etwa einer Million Mitgliedern. Prinzipiell gebe es auch gegenüber den drei orthodoxen Kirchen des Landes keine Berührungsängste. In den letzten 25 Jahren sei es in der Ukraine zu einem neuen religiösen Erwachen und auch zu einer Blüte des kirchlichen Lebens gekommen.