Mit Geist und Mut - Abschlussgottesdienst der Gebetswoche der Evangelischen Allianz in St. Albani

Mit dem koptischen Bischof Damian und Pfarrer Ulrich Parzany

In den meist kalten Januarwochen findet seit vielen Jahren die Gebetswoche der evangelischen Allianz statt, einen Zusammenschluss meist pietistischer Christen aus Landes- und Freikirchen. Die Göttinger Allianz lud am Sonntag nach St. Albani ein, wo Pastor a.D. Dieter Nehls ein bis auf den letzten Platz gefülltes Kirchenschiff begrüßen konnte.

Mit den Posaunenklängen von St. Johannis begann der Gottesdienst in der immer noch weihnachtlich geschmückten Albanikirche. Dann sprach der Bischof der Kopten Damian (Brenkhausen) ein Grußwort. Er begrüßte besonders die vielen Kinder und erzählte stolz, dass es sein Land Ägypten war, das einst das Jesuskind, das auf der Flucht vor Herodes war, aufgenommen hat. Das bedeutet freilich auch, dass alle, die sich auf dieses Kind heute berufen, ebenfalls Menschen aufnehmen müssten - Kinder und Erwachsene! Für die Christen der koptischen Kirche war auch die Kollekte des Gottesdienstes bestimmt.

Zu Beginn gab es einen kleinen Lobpreisteil, den die Musiker aus der Pfingstgemeinde Ecclesia anführten. Besonders an dieser, in vielen Freikirchen verbreiteten Form des Gesangs, werden aber auch die Gräben zwischen den Konfessionen deutlich und damit auch der Spagat, den die Evangelische Allianz versucht zu bewältigen: Unter ihrem Dach gibt es Landes- und Freikirchler, Charismatiker und Evangelikale, soziale Kirchen wie die Heilsarmee, usw.

Das Evangelium aus dem Matthäusevangelium trug Pfr Dieter Kreibaum von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) vor. Roland Elsass

vom CVJM Göttingen stellte dann kurz Pfarrer Ulrich Parzany vor, der die Predigt hielt. Er ist ja auch in Sankt Michael kein Unbekannter: Er war viele Jahre der Hauptredner bei ProChrist und hielt im letzten Jahr in unserer Gemeinde eine Fastenpredigt.

U. Parzany legte einen Abschnitt aus der Apostelgeschichte zu Grunde: Apg 4,29-31, einem Gebet der jungen, aber schon verfolgten Urgemeinde in Jerusalem. Die Christen wussten, dass hinter ihrem Tun der auferstandene Jesus Christus steckt. Es geht nicht um uns, die Christen, sondern um IHN, den Christus - so das Credo der Jerusalemer Urgemeinde. Anliegen der Christen damals sei nicht - wie heute oft zu hören - das eigene Heil oder "die Gesundheit" gewesen, sondern, dass das Wort Gottes mit Kraft und Freimut verkündet wird. In keinem Namen ist Heil, so die Apostelgeschichte (Apg 4,12). Und hier wird es ungemütlich, auch im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat Deutschland. Zwar herrscht hier Gott sei Dank eine Religionsfreiheit von der Christen in Nordkorea und anderswo nur träumen können, aber es gibt auch in unserem Land eine stillschweigende Übereinkunft: Solange einzelne oder Gruppen im stillen Kämmerlein beten hat niemand was dagegen. Tritt man allerdings in die Öffentlichkeit oder proklamiert Christus als die alleinseligmachende Heilsgestalt (Apg 4,12!) dann verlässt man diesen stillen Konsens und muss mit Widerständen rechnen. Das war die Erfahrung der ersten Christen: Niemand hätte sich an ihnen gestört, wenn sie unter sich geblieben wären oder einfach nur ein weiteres religiöses Angebit gemacht hätten, aber dadurch dass sie an die Öffentlichkeit gingen und Jesus Christus öffentlich machten, zogen sie sich den Ärger der Behörden so, so dass schließlich sogar - im Falle des Stephanus - die Steine flogen und die meisten Gläubigen Jerusalem verlassen mussten.

Wie die Universität Leipzig in einer Umfrage ermittelte, stehen in der Bevölkerung am meisten die Religionsgemeinschaften und Kirchen in hohem Ansehen, die bewusst nicht "missionieren", was offensichtlich als gefährlich, zumindest unangenehm betrachtet wird. Demzufolge sind missionarische Christen heute eher schief angesehen - nur die Mormonen, Scientology und die Zeugen Jehovas haben der Statistik nach noch schlechteres Ansehen. Weil die Angst vor Ansehensverlust so groß ist verordnen sich Christen nicht selten freiwillig einen Maulkorb, um bei den säkularen Zeitgenossen nur ja niemanden auf die Füße zu treten.

Dieser Ängstlichkeit vor dem, was die anderen denken könnten, setzt die Urgemeinde die PARRESIA entgegen. Martin Luther hat seiner Zeit dafür ein eigenes Wort erfunden, dass es vorher gar nicht gab: Freimut. Gemeint ist damit die gewährte Redefreiheit, aber auch der Mut und das Wollen diese Freiheit in Anspruch zu nehmen. Es geht um die innere Freude dieses Rederecht in Anspruch zu nehmen - trotz zu erwartender Diskriminierung oder gar Verfolgung!

Die Fürbitten trugen Esther Gulde von der Heilsarmee, Harald Orth, Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde und Roland Elsas vom CVJM vor. Ein Wort zum Segen und zur Aussendung, verbunden mit einer Postkartenaktion an Kirchenausgang, steuerte u.a. Alissa Wolk von der Landeskirchlichen Gemeinschaft bei. Mit dem Segen von Pastor Nehls endete der Gottesdienst - alle Mitfeiernde waren zu einem Kirchenkaffee eingeladen!