Neues aus dem Michaelsviertel

Mittagstisch, Jugendhaus, Eine-Weltladen, Lebens- und Eheberatung ANCORA, Gemeinde und KHG frühstücken gemeinsam

 

 

 

Zwei Mal im Jahr treffen sich die Anrainer des Michaelsviertels um sich gegenseitig up zu daten. Diesmal war man in der Gemeinde Sankt Michael zu Gast. Dort gab es ein leichtes Frühstück und eine sehr informative Austauschsrunde.

Den Anfang machte Anna Werner-Parker, als Vertreterin des Mittagtisches. Sie hat jetzt Ralph Reinke auch offiziell abgelöst, arbeitet freilich schon seit 15 Jahre im Team mit. Da sie auch viele Urlaubs- und Krankheitsvertretungen übernommen hat ist der Übergang reibungslos und unspektakulär verlaufen. Die Flüchtlingskrise ist im MT noch nicht angekommen. Schlimm ist, dass einige der Gäste auf das Thema nicht gut zu sprechen sind. Offenbar gibt es in einigen Menschen, die "unten" sind, eine Tendenz sich von denen abzugrenzen, die noch weiter "unten" sind. Hier gilt es aufzupassen, dass sich die „Armen“ nicht gegenseitig ausspielen, sondern eher solidarisieren.

Unbehagen bereiten auch die Graffittis in der Turmstraße, aber wie soll man hier klug vorgehen? Eine dicke abwischbare sog. Elefantenhaut bringt vermutlich das Mauerwerk ins Schwitzen. Wilder Wein o.ä. braucht Zeit zum wachsen und greift dann auch nicht selten das Mauerwerk an. Denkbar wäre auch einen "echten" Profi-Sprayer einzuladen ein tolles Motiv zu sprayen. Erfahrungen zeigen, dass Sprayer vor gesprayten Wänden Respekt haben und es gibt in Göttingen hier auch durchaus Beispiele dafür.

Der Winter meldet sich mit erhöhter Nachfrage nach warmer Kleidung und Bettzeug, das Anna Werner-Parker auch gerne abgibt. Erfreulich ist eine gute Zusammenarbeit mit einem Lebensmittelgroßhandel. Es gibt auch viele Spender für dem Flohmarkt, aber immer mehr von denen haben kein Auto, so dass die Mitarbeiter des MT die Sachen selbst abholen müssen, was jedoch Zeit kostet.

Sigrid Nolte (Jugendhaus und Präventionsbeauftragte) berichtet von der Umsetzung des vom Bistum geforderten Schutzkonzeptes. Leider waren die neu aufgeworfenen Fälle um den ehemaligen Bischof Janssen und jetzt um Bischof Norbert (WDR – Bericht!) alles andere als gut um neues Vertrauen zu aufzubauen. Aber es gibt auch Erfreuliches: Alle zwei Monate findet ein Jugendgottesdienst statt. Das Team hat sich dabei neu gebildet und auch verjüngt, da die bisherigen „Alpha-Tiere“ nach dem Abitur Göttingen verlassen haben. Für den 10.4.2016 ist ein Mini-Tag im Dekanat anberaumt – Anmeldung im Jugendhaus ab sofort! Außerdem ist wieder eine Fahrt mit dem Bulli zur Chrisammesse und zum Katholikentag nach Leipzig geplant. Eine Fahrt zum Weltjugendtag wird über das Bistum angeboten.

Neu in der Runde war Renate Hildebrandt, die sowohl beim Mittagstisch, in der Flüchtlingsarbeit als auch im Eine-Welt-Laden mitarbeitet. In letzteren bahnt sich ein Epochewechsel an: allein mit Ehrenamtlichen wird es immer schwieriger das interne Cafe zu unterhalten – es fehlen Leute! Zwar stehen 40 Ehrenamtliche auf dem Papier, faktisch mitarbeiten würden aber nur 12. Immerhin hat der Laden unter der Woche von 10:00 – 18:00 Uhr offen, aber manchmal muss man mittags ein Schild rausstellen... Neue Motivation erhofft man sich von Zulieferern wie GEPA, die den etwas in den 80-er Jahren verbliebenen Eine-Welt-Laden technisch und stilistisch aufpeppen und aktualisieren.

Wolfgang Friedl arbeitet sowohl im ANCORA-Zentrum als auch im ASKLEPIOS-Klinikum. In der aktuellen Arbeit gäbe es keine Highlight und viel Konsistenz. Vieles läuft still und ohne großes Tamtam ab, was auch im Sinn der Patienten und Besucher ist. Auf die Frage, ob man in Göttingen eine Zunahme von psychatrieerfahrenen Menschen feststellen könne, antwortete W. Friedl freilich positiv. Mit ein Grund könnten zurückgefahrene Angebote besonders der ASKLEPIOS-Klinik sein, die gewinnorientiert arbeitet (bzw. arbeiten muss). Da kann es schon mal sein, dass das eine Angebot nicht mehr lukrativ ist und eingespart wird. So wurde z.B. das Cafe geschlossen und durch Getränkeautomaten ersetzt. Die Seelsorger kommen nicht mehr so leicht an die Daten der Patienten ran, das Bewegungsbad wurde geschlossen, usw. Die Arbeit ist insgesamt mühsamer geworden, so W. Friedl.

Dem konnte auch seine Kollegin Annette Karr Schnieders von der Eheberatung beipflichten. Auch sie arbeitet – wie Sigrid Nolte – an der Umsetzung des Schutzkonzeptes in Sachen Missbrauchsprävention, hat aber auch mit dem zunehmenden Datenschutz Probleme, v.a. wenn es um die Einbindung von Honorarkräften geht. Obwohl hier mehr Mühen notwendig sind steigt die Nachfrage nach Beratungsgesprächen an und nimmt die Komplexität der Fälle eher zu.

Von Seiten der Gemeinde erinnerte Manfred Hösl SJ an die erfolgte Innenrenovierung. Dabei scheinen sich die Gemüter zu beruhigen bzw. haben im Einzelfall wohl auch resigniert. Neu und spannend ist das Projekt Tea Time, das sich der Flüchtlingsarbeit widmet. Das erste Treffen dazu war ja sehr vielversprechend, wenn gleich hier noch vieles sehr offen ist.

Eine weitere Frage war, ob die Diskussionen um Lokale Kirchenentwicklung in Sankt Michael zur Unzeit kommen: Kann man die Gemeinde, nach der stressigen Innenrenovierung in so eine kontroverse Diskussion führen? Auf der anderen Seite soll man das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist und bevor man mit Fakten (personellen und finanziellen Kürzungen u.ä.) konfrontiert wird und es keinen Spielraum mehr gibt. Das Problem sind auch Signalwörter wie „Rektoratskirche“ oder die Tatsache, dass angesichts des seit vielen Jahren bestehende Angebots (Jesuiten, bis zu 7(!) Gottesdienste am Sonntag, Citypastoral, viele gut funktionierende Kreise...) gar kein Anlass gesehen wird hier etwas zu ändern bzw. jeder Vorschlag als Angriff verstanden wird.

Peter-Paul König von der KHG konnte dagegen weitgehend Positives berichten. Demnach zeichnet sich in der KHG ein Generations- und Mentalitätswechsel ab. Es gibt weniger „Mir ist alles zuviel!“ - Leute und dafür mehr „Ich hab' Lust!“ - Leute. Der lange diskutierte pro-Ökumene-Kurs scheint jetzt anzuschlagen – manchmal kann man gar nicht mehr unterscheiden, wer evangelisch oder katholisch ist. Für ältere Semester wie die KHG Leiter selber sei freilich die „Angestelltenmentalität“ mancher Studies erstaunlich: Man lernt von Montag bis Freitag, bedient dann gleichsam die inneren Stechuhr und hat dann das Wochenende frei, klagt freilich gleichzeitig, dass man zu wenig Zeit zum Lernen habe. Kann man als Studierender wirklich das Wochenende auch in Prüfungszeiten frei haben? Was machen unsere Studies mal, wenn sie Kinder haben und diese (auch) in der Freizeit weinen?, so fragte eine Teilnehmerin leicht ironisch. Letzter Satz: Eigentlich hat die KHG in diesem Jahr Grund zu feiern: 100 Jahre KHG! Aber Peter-paul König fragt sich, ob er sich und der Hochschulgemeinde nach dem stressigen Bistumsjubiläum eine große Feier antun soll. Falls, dann sollen aber erst im Herbst die Korken knallen.

Fazit: Eine sehr intensive Runde! Das Michaelsviertel lebt! Der Laden brummt!