Ora et labora - Einführung in den Klostertag

Was macht benediktinische Weltsicht aus und wie beten und leben die Mönche heute?

Am Samstag, den 21.2. findet in Sankt Michael ein Klostertag statt. Dieser Tag soll vom benediktinischen Ora et Labora geprägt sein.

Als Einführung dafür fand am Freitag vorher ein offener Abend statt, an dem Heinrich Detering die Anwesenden in die benediktinische Welt einführte. Der verheiratete Germanist ist seid vielen Jahren Oblate der Benediktiner in Nütschau (Schleswig Holstein) und somit bestens mit der Gebets- und Lebenswelt der Benediktiner vertraut. Als Oblate ist er etwas ähnliches wie ein Tertiarier, wie es andere Orden kennen (sog. Dritter Zweig). Darunter versteht man, oft verheiratete Laien, die - soweit es ihr Alltag zulässt - versuchen eine benediktinische Lebensweise einzunehmen.

Über Benedikt wissen wir vieles, so H. Detering, nur nicht, ob er gelebt hat. Diese überkandidelte Bemerkung sei allerdings mittlerweile überholt - Benedikt ist eine historische Person! Er lebte als die Völkerwanderung langsam abebbte, Europa freilich aus den Fugen geraten war. 529 n. Chr., im selben Jahr als in Athen die traditionsreiche Akademie zugemacht wurde, gründete Benedikt den Benediktinerorden (OSB). Ohne die Benediktiner besäßen wir kaum christliche und heidnische Texte aus der Antike. Über Benedikt erfahren wir am meisten aus der Vita des Papstes Gregor d.Gr., über die Benediktiner am meisten durch die verblüffend einfache, klare und weitsichtige Regel des Heiligen selbst. Das berühmte Ora et Labora steht da gar nicht drin, fasst aber die Essenz dieses Büchlein wunderbar zusammen.

Benedikt wollte eine Arbeits-, Lebens- und Gebetsgemeinschaft deren vorrangiges Ziel das Gotteslob ist. Die Mönche sollten autark wohnen. Sie betrieben Landwirtschaft, schrieben ihre eigenen Bücher und gewährten Gastfreundschaft. Der Abt sollte wie ein Vater sein, streng, aber auch liebevoll. Die Regel ist erstaunlich christuszentriert, so dass selbst Martin Luther, der Augustinermönch, in seinem Furor gegen klösterliche Werkgerechtigkeit den Vater des abendländischen Mönchtums erstaunlich schonte.

Im Zentrum des Gebetes steht die Rezitation des Psalters. Benedikt meinte, dass man alle 150 Psalmen in einer Woche locker durchbeten könne. Seine Schüler heute beten meist in zweiwöchentlichem Turnus den kompletten Psalter, weil man auch Pausen und andere Texte eingefügt hat. Das Psalmengebet ist keine Art Mantra. Man tritt in einen himmlischen Raum ein, was freilich nichts mit irgendwelche besonderen religiösen Rauschgefühlen zu tun hat, wie H. Detering eilig hinzufügte. Er als Oblate muss nur ein reduziertes, freilich immer noch anspruchsvolles Pensum beten (Laudes, Mittagshore, Vesper, Komplet).

Dass sich Benedikt für das Psalmengebet entschied hat nach H. Detering mehrere, gute Gründe. Die Psalmen sind das Gebetsbuch Israels. Sie können - wenn auch in unterschiedlicher Deutung - sowohl von Juden als auch von Christen gebetet werden. In ihnen ist man den Evangelien am nächsten, hat doch Jesus selbst Psalmen gebetet und aus ihnen gelebt. Selbst Atheisten und Agnostiker gestehen den manchmal 3000 Jahre alten Texten Kraft und Tiefe zu. Die Psalmen sind trotz ihrer langen Entstehungszeit immer noch aktuell. Manchmal kann man seinen Gemütszustand gar nicht besser beschreiben als mit Worten aus den Psalmen. Alle Lebensbereiche (Freude, Trauer, Klage, Jubel, Gottesferne...) finden sich. H. Detering mahnte vorsichtig, auch die unbequemen sog. Fluchpsalmen nicht zu schnell wegzulegen. Die dort ausgedrückte Wut kann für den Beter manchmal hilfreicher sein als so manche blumige Wendung... Vorformulierte Psalmen entlasten den Beter, weil er nicht dauernd nach eigenen Worten suchen muss. Die Psalmen werden von sog. Antiphonen (Kehrversen) und anderen biblischen Texten umrahmt, meist je nach dem Kirchenjahr.

Heinrich Detering erzählte sehr anschaulich und persönlich. Man spürt ihm ab, dass er aus dieser Spiritualität lebt. Am Ende entschlossen sich zehn Teilnehmer den Klostertag mitzumachen. Um 8:00 Uhr morgens geht's los mit der (verkürzten) Vigil und der Laudes. Dann gibt's aber auch ein Frühstück. Im Rhythmus von Ora und Labora geht es dann weiter bis zur abschließenden Messe plus Komplet. Leichter und gleichzeitig dichter lässt sich benediktinisches Leben wohl kaum kennenlernen (außer im Benediktinerkloster selber...).