Papst Franziskus: Stil und Botschaft der Barmherzigkeit

Vortrag von Prof. Dr. Michael Sievernich SJ

 

 

 

 

Bei bestem Sonnenwetter kamen etwas 40 Studierende und Mitglieder der Göttinger Pfarreien im "Fegefeuer" der khg zusammen, um dem Franziskus-Vortrag von Prof. Dr. Michael Sievernich

SJ zu lauschen. Die Fenster waren weit geöffnet und es wurde viel Mineralwasser verkauft und getrunken, bevor es dann pünktlich um 20:15 Uhr losgehen konnte...

Marie Louise Aicher vom Gemeinderat der khg begrüßte den Vortragenden und stellte den Zuhörern zunächst seinen Werdegang vor. Prof. Sievernich begann dann mit einigen persönlichen Eindrücken vom Papst, den er 1985 zuerst in Buenos Aires kennengerlernt hatte. Ein Jahr später sahen sich die beiden in Frankfurt wieder, wo sie über eine eventuelle Dissertation zu Romano Guardini ins Gespräch kamen. Leider wurde Jorge Mario Bergoglio wenig später wieder nach Argentinien zurückgerufen, wo er dringend gebraucht wurde...

Laut Prof. Sievernich ist Papst Franziskus gewissermaßen der erste "Papst mit Migrationshintergrund" - seine Eltern stammen aus dem norditalienischen Piemont. Drei Jahre seiner Amtszeit als Rektor der Theologischen Fakultät von San Miguel fielen in die Zeit der argentinischen Militärdiktatur - einer sehr konfliktiven Zeit. Er selbst beschäftigte sich intensiv mit der "teología del pueblo" (Theologie des Volkes) einer theologischen Richtung, die betont, dass die Kirche an die Seite der Armen gehört - und zwar durch die Anerkennung des gläubigen Volkes als Subjekt.

 Mit dem Pontifikat von Bergoglio als Papst Franziskus vollzog sich im Vatikan ein radikaler Stilwandel: Franziskus knüpft dabei an den pastoralen Stil Johannes XXIII. an. Eine neue Einfachheit der Kleidung und der Lebensgewohnheiten wurden schnell zu seinem Markenzeichen. Für ihn war es wichtig, an den Rändern dieser Welt präsent zu sein - daher seine Reisen u.a. nach Lampedusa, Kuba und Armenien. Er sucht neu den Dialog mit der Welt und verwendet dafür mitunter auch provokante Bilder: "Jesus klopft an die Tür der Kirche, um herausgelassen zu werden." Dabei wendet er sich klar gegen kirchlichen Narzissmus und Selbstbezüglichkeit. Er steht ein für eine Erweiterung des synodalen Prinzips in der Kirche und die Unterscheidung von langer Beratungs- und kurzer Entscheidungsphase.

Das Reformprogramm von Papst Franziskus beschrieb Prof. Sievernich folgendermaßen: Zunächst beginnt jede Reform bei der Selbstreform. Dabei folgt sie drei Leitlinien: 1.) barmherzige Pastoral, 2.) optimistische Pädagogik, 3.) misssionarische Veränderung der Welt. Papst Franziskus ist offen für die Ökumene und einen Lernprozess der Konfessionen und Kirchen. Daher sein Treffen mit dem Patriarchen von Konstantinopel und dem russischen Patriarchen und seine Reise nach Lundt zum Lutherischen Weltbund am 31. Oktober dieses Jahres. Im interreligiösen Dialog betont er das Verhältnis von Glauben und Gerechtigkeit und mahnt zu einer realen Freiheit der Armen. Sein berühmtes Wort "Diese Wirtschaft töt, weil sie ausschließt" ist nicht als Absage an alle wirtschaftlichen Tätigkeiten zu lesen, sondern als eine Kritik an der derzeit bestehenden Wirtschaftsform und ihrer Exklusion und Marginalisierung vieler Menschen rund um den Globus.

Zum Schluss stellte Prof. Sievernich noch die drei Schriften von Papst Franziskus vor: "Evangelii Gaudium", "Laudato Si" und "Amoris Laetitia" - alle mit "Freude" im Titel. Zugleich empfahl er seinen Zuhörern, die Dokumente selbst einmal zu lesen, und nach Möglichkeit in kleinen Austauschgruppen zu diskutieren.

Im Anschluss an den Vortrag war noch Zeit für Fragen, wobei viele spannende Fragen sowohl von studentischer, als auch von Gemeindeseite zusammen kamen. Nach großem Applaus wurde der Redner dann von Frau Aicher verabschiedet und mit einer Flasche guten Weins und einer Eintrittskarte für das Tango-Event der khg bedacht.

Wer gerne noch mehr über den Papst erfahren möchte, kann einmal in die folgenden Empfehlungen von Prof. Sievernich hineinschmökern:

Michael Sievernich, "Papst Franziskus: Texte, die in prägten", Verlag: Lambert Schneider, 2015

Daniel Deckers, "Papst Franziskus: Wider die Trägheit des Herzens", C.H.Beck, 2016