Pastoraler Austausch in Sichtweite zur Reeperbahn

Die Jesuiten – Cityseelsorger trafen sich zum gemeinsamen Austausch in Hamburg

 

 

 

Alle zwei Jahre treffen sich die Pfarrer- und Cityseelsorger aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Litauen, dieses Mal in Hamburg. P. Martin Löwenstein SJ, Pfarrer am dortigen Kleinen Michel, hatte eingeladen und gut 10 Jesuitenseelsorger aus Frankfurt, München, Köln, Göttingen, Stockholm, Luzern, Wien und Vilnius waren dieser Einladung gefolgt.

Nach dem Eintreffen der Patres machte man sich gleich auf nach St. Petri, einer der berühmten fünf lutherischen Hauptkirchen, wo die neue Pastorin Martina Severin-Kaiser das Innenleben ihrer Kirche vorstellte. St. Petri liegt mitten in Hamburgs Shoppingmeile Mönckebergstraße und hat von daher sehr viel „Laufkundschaft“. Neben der eher ergrauten bürgerlichen Gottesdienstgemeinde gäbe es aber tagsüber viele Menschen verschiedensten Alters, die einzeln oder in Gruppen die Kirche aufsuchen. Das reicht vom Touristen, der einfach gucken will bis hin zu ganzen Gemeinden, die irgendwo in der Kirche gemeinsam beten. Am Kreuzzeichen oder anderen Gesten kann die Pfarrerin unschwer feststellen, dass es sich dabei keineswegs nur um Evangelische oder Christen überhaupt handelt.

St. Petri verfügt über jede Menge musikalisches Potential: einen Bach-Chor, einem Collegium Vocale und einer Kinder- und Jugendkantorei. Auf Kunst setzt dagegen eher das benachbarte St. Jakobi – nicht jeder muss also alles machen! Innenstädte haben, so die Pastorin, besondere Chancen, aber auch Nachteile. So sei die Innenstadt tagsüber äußerst belebt, nachts dagegen herrscht tote Hose – das will und muss bei Veranstaltungen bedacht werden! Originell war auch ihre Klassifizierung in Katzen- und Hundechristen: Die Ersteren wählen spirituelle Angebote aufgrund des Ortes: Man geht in die und die Kirche! Bei den zweiten ist eher das Herrchen (oder Frauchen) entscheidend: Man mag einen bestimmten Pastor und geht da hin, wo der gerade predigt.

Am folgenden Tag erzählte P. Vidmantas Simkunas aus Vilnius in Litauen von seiner Lage vor Ort. Dort haben die Jesuiten neben der Universität eine Kirche. Wichtig für die Arbeit ist auch ein benachbartes Museum. Vieles was P. Simkunas berichtete erinnert an Phänomene, die es in Deutschland vor 20 und mehr Jahren gab. Aber „Litauen“ entwickelt sich rasant. Als ein Gospelchor vor wenigen Jahren anfing die Messe zu gestalten rümpften viele die Nase, ob denn so was „Amerikanisches“ noch katholisch sei. Heute gehört die Gospelmesse zum Standardprogramm!

In einer weiteren Einheit stellte Pastorin Anne Gidion vom Institut Nordkirche ihr Konzept „leichte Sprache“ vor. Oft ist das Kirchenkanaanäisch und Christenchinesisch für normale Menschen einfach nicht mehr verstehbar. Mit einigen Regeln möchten die Initiatoren für eine verständlichere Sprache in christlichen Kontexten werben. Zu den Regeln von leichte Sprache gehört z.B.:
Nur ein Gedanke pro Satz!
Ein Satz sollte maximal aus 15 Wörtern bestehen!
Keine Konjunktive!
Keine Negationen (statt: ich bin nicht gesund besser sagen: ich bin krank!)
Keine Abstrakta
Möglichst Verben verwenden. (u.a.)
Die Teilnehmer durften dann anhand eines Messformulars die Gebete und Fürbitten eines normalen Sonntags in leichte Sprache heruntertransponieren – gar nicht so leicht!

In einer (zu?) kurzen Runde berichtete jeder Teilnehmer von aktuellen Entwicklungen an seinem Einsatzort. In Göttingen war dies natürlich die Einweihung der neuen Kirche und die damit verbundenen Möglichkeiten. Aber auch der informelle Teil kam nicht zu kurz – abends ging es in ein portugisisches Hafenrestaurant mit einer fischreichen Speisekarte.

Der Donnerstag galt dann schon vermehrt den Regularien. Außerdem hatte der inzwischen eingetroffene Provinzial, P. Stefan Kiechle SJ, das Wort. Derzeit gibt es etwa 12 Kirchen im deutschen Sprachraum, an denen Citypastoral im weiteren Sinne betrieben wird. Er berichtet, dass es eine Tendenz in der deutschen Provinz gäbe die noch vorhandenen Pfarrkirchen in Rektoratskirchen umzuwandeln. In Frankfurt wurde dieser Prozess jetzt erfolgreich abgeschlossen, in Berlin oder Hamburg steht er jetzt an. Irgendwann wird sich auf für Göttingen diese Frage stellen. Für die meisten Christen vor Ort ändert sich durch diese organisatorische Änderung freilich nur wenig in ihrem Alltag.

Konstitutiv für Citypastoral seien laut P. Kiechle die folgenden Elemente, die freilich in einem je besonderen Mischverhältnis auftreten:
1. Geistliche Elemente wie Exerzitien und andere Glaubenseinübungen
2. Bildung und Fortbildung
3. Soziales Engagement
4. Missionarische Ausrichtung.
In Göttingen werden diese vier Bereiche (mehr oder minder) alle abgedeckt.

Natürlich zeigte der Hausherr, P. Löwenstein, seine frisch renovierte Kirche und P. Roser als neuer Leiter die benachbarte katholische Akademie des Erzbistums Hamburg.

Fazit: In den Städten wandelt sich die Form christlichen Lebens rasant und ungleichzeitig. Eine traditionell nüchtern-protestantische Hafenmetropole wie Hamburg hat andere Möglichkeiten als das barock-katholische Wien, das große Berlin andere Chancen und Herausforderungen als das kleine Göttingen. Es gilt eben der alte Jesuitengrundsatz: System je nach dem...