Patrick Roth liest im "Literarischen Zentrum" aus seinem neuen Buch "Sunrise"

Facetten eines Grenzgängers zwischen Literatur und Religion

 

Patrick Roth, der lange in Los Angeles lebte, scheint wieder in Deutschland (Mannheim) beheimatet zu sein. Er ist seit vielen Jahren ein Grenzgänger zwischen Literatur und Religion, mit einer sehr dichten Sprache. Am Dienstagabend war er zu Gast im Literarischen Zentrum, wo er von Claudia Stockinger (Deutsches Seminar der Uni Göttingen) vorgestellt wurde.

Claudia Stockinger eröffnete damit gleichzeitig eine neue Reihe des Literarischen Zentrums: "Der Geist weht wo er will." Auf der Homepage des LZ heißt es dazu: Seit Beginn der 2000er beobachten Philosophen und Sozialwissenschaftler etwas, das sie die »Wiederkehr der Religion(en)« nennen. Postsäkulare Gesellschaft hin oder her – die Frage nach einem Gott beschäftigt viele Leute offenbar wieder verstärkt, nicht zuletzt die Schriftsteller. Kronzeugen hierfür gibt es viele. Aber einer, den seit Beginn seines Schreibens religiöse Fragen beschäftigen, ist Patrick Roth. Immer wieder lässt er sich von den Geschichten aus dem Stoffkreis der Bibel inspirieren. In seinem neuen Roman ...
... Sunrise
ist dies wieder einmal der Fall. Frau Stockinger konfrontierte Roth sehr direkt mit dem Phänomen Religion, das bei ihm ja alles andere als ein Modephänomen ist. Auf eine Nachfrage aus dem Publikum offenbarte Roth, dass es Träume waren, die für ihn Auslöser waren, sich wiederholt mit dem Religiösen zu beschäftigen. Und dann ist es auch nicht schwer zu verstehen, warum sein Roman ausgerechnet um Josef (den Mann Marias) kreist, ist doch diese biblische Figur - ähnlich wie schon sein Namensvetter aus dem AT - v.a durch Träume geleitet.

Patrick Roth las etwa eine Stunde aus seinem neuen Buch. Der von ihm gewählte Passus erzählte von der Reise der heiligen Familie mit dem 12-jährigen Jesus zum Pessahfest nach Jerusalem. Roth läßt die Protagonisten bekannte alttestamentliche Orte passieren, die er mit den entsprechenden Geschichten verknüpft. Jesus und Josef arbeiten sich am biblischen Erbe ab. Der junge Jesus und sein Vater Josef durchwandern das Alte Testament auf ihrem Weg nach Jerusalem.

Patrick Roth schreibt, wie schon in seiner Christustrilogie, sehr dicht. Die Sprache erinnert an den biblischen Sprachrhythmus. Die Lesung setzte faktisch ein sehr hohes Bibelwissen voraus. Trotzdem sperrt er sich gegen plumpe Verinnahmung christlicherseits und bleibt Literat. Man darf gespannt sein, wie die Reihe nach dieser tollen Eröffnung weitergeht.