Wie bauen die anderen? Teil 1

Zu Besuch in der neuen Leipziger Propsteikirche

Die Zeitungen sind voll. Offensichtlich ist die Eröffnung einer neuen Kirche immer noch Schlagzeilen trächtig. Und der Artikel in der Ausgabe der Frankfurt Allgemeinden Zeitung vom Donnerstag, den 7. Mai 2015 ist auch durchwegs positiv. Die Kritiker des Bauprojektes, die versuchen St. Trinitatis in "Sankt Tebartz" umzubenennen, dringen nicht wirklich durch. Die neue Propsteikirche, für die bundesweit gesammelt wurde, wird zur Silouette von Leipzig gehören.

Vor Ort sind die Handwerker fieberhaft am Werkeln. Noch drei Tage und dann ist Einweihung. Das kann man sich derzeit noch gar nicht so richtig vorstellen. Überall liegen noch Kabel herum und tragen Arbeiter Geräte rein oder raus. Aber auch die ersten Touristen und Fotografen sind schon da. Der Pfarrer ist ein vielbeschäftigter Mann und gibt pausenlos Interviews oder spricht mit den Arbeitern.

Der Bau ist ein Riesenkomplex am Rande der Innenstadt, die ähnlich wie Göttingen von einer Art Wall umgeben ist. Es gibt einen Kirchraum, der 600 Sitzplätze umfassen soll (zum Vergleich Sankt Michael: 170). Etwas abseits steht der Turm und brückenähnlich zwischen Kirche und Turm hängen die Gemeinderäume quasi in der Luft. Die Fassade der Kirche ist aus rotem Stein und sticht kräftig vor den umgebenden Häusern ab. Die neue Propsteikirche ist allemal ein kräftiger Farbtupfer in Leipzigs Kirchenlandschaft.

Eine faszinierende Idee nach außen hin erschließt sich erst bei näherem Hinsehen bzw. in der Dunkelheit. Der Bau hat achtzehn schaufensterartige Fenster, die freilich einen anderen Zweck haben. Auf diese Fenster ist der komplette Text der Bibel geschrieben: das Alte Testament etwas kleiner im Hintergrund, darüber und davor der Text des kürzeren und deswegen größeren Neuen Testamentes. Je nach Beleuchtung kann man den Text des Alten oder Neuen Testaments lesen. Somit strahlt der Bibeltext hinüber in Richtung Innenstadt. Weil weder das Bibelwerk noch der Künstler eine Garantie für die Richtigkeit des Bibeltextes übernehmen wollte, hatte die ganze Gemeinde den kompletten Text Korrektur gelesen - ein Schelm wer hier katechetische Hintergedanken hat...

Im Kirchraum drinnen gibt es keine Stufen, aber der Raum fällt nach vorne, zur Prinzipaliengruppe und dem Lichtschacht oben wie im Kinosaal ab. Die Prinzipalien bestehen aus Altar, Ambo, Osterleuchter, Sedilien und einen einfachen, aber großem Kreuz an der Frontseite der Kirche. Je nach Lichteinfall und Tageszeit kann es von einem Lichtkreuz, das durch die Rückwand eindringt und das Holzkreuz überdeckt oder überlagert werden. Der Taufstein, der gleichzeitig auch als Weihwasserspender dient steht am Haupteingang des Kirchraumes direkt unterhalb der Empore. Der Tabernakel in einer nur leicht vom Hauptraum abgetrennten Werktagskapelle. Alle Prinzipalien sind von einem etwas merkwürdigen Muster übermalt, das einerseits verscheidene Dinge als zusammengehörig erkennen lässt, auf der anderen Seite aber fast biedermeierisch wirkt.

Die Kirchbänke (also keine Stühle!) sin massiv. Überhaupt drückt sich die Wertschätzung über die Wahl guten Materials aus. Der Beichtstuhl ist so angelegt, dass man sowohl einen anonyme Ohrenbeichte als auch ein Beichtgespräch führen kann. (Fortsetzung folgt)