Wie wurde Hildegard eine Heilige und Kichenlehrerin?

Ein informativer Abend mit Prof. Rainer Berndt SJ (Frankfurt)

 

Die heilige Hildegard ist in aller Munde. Nicht nur heute, sondern seit Jahrhunderten. Gleichwohl ist sie erst seit kurzer Zeit eine "offizielle" Heilige.

Lange Zeit gab es keine kritische Ausgabe ihrer Schriften. Vieles ist legendarisch, z.B. gehen die naturkundlichen Schriften wohl nur zu einem kleinen Teil auf Hildegard selbst zurück. Bei Papst Johannes-Paul II stießen die Bemühungen der Schwestern von Eibingen und der Kirche in Richtung einer Heiligssprechung Hildegards noch auf wenig Wiederhall. Sein Nachfolger Benedikt XVI. war hier etwas aufgeschlossener. Eine offizielle Kommission wurde eingesetzt, Texte wurden gesammelt und gesichtet. In dieser Arbeitsgruppe waren u.a. Rainer Berndt selbst sowie die Benediktinerin Sr. Maura Zatonyi, die Referentin vom Hildegardtag im letzten Jahr. Aber was lange währt wird endlich gut: Hildegard wurde (auch offiziell) heiliggesprochen und zur Kirchenlehrerin erhoben. 2012 kam der Prozess zu seinem Abschluss.

In einem zweiten Teil warf R. Berndt einen Blick auf die Hildegardverehrung im 20. und 21. Jahrhundert. Seit 1857 gibt es das Hildegardsfest in Eibingen, seitdem der findige Pfarrer von dort "seine" Heilige entdeckt hat und eine Pilgertradition begründete. Theologen brüten über ihren Schriften, scheiden Historisches und Legendarisches, untersuchen ihre Visionen und die drei Viten (Lebensberichte) die in den Jahren 1190 (Theoderich von Echternach), 1220 (Gebeno von Echternach - leider nur ein populärer Verschnitt bereits vorliegenden Materials) und 1516 (Johannes Trithemius von Sponheim) entstanden.

Es brauchte insgesamt fünf Anläufe bis es Hildegard "geschafft" hatte heiliggesprochen zu werden. "Brauchen wir überhaupt eine heilige Hildegard?", fragte der Referent und beantwortete seine Frage gleich mit einem klarem "Ja!". Hildegard lehrt uns, dass Gott das Heil der Welt will und dem Menschen in die Mitte seiner Schöpfung gestellt hat. Es geht der Heiligen um überweltliches Heil, Gnade, letztlich Gott selbst, und nicht um Heilmittel, Kräuter oder Körner, so Rainer Berndt etwas kritisch mit Seitenblick auf populäre Hildegardblüten von heute.

Mit einem Glas Hildegardwein aus Eibingen und Brot aus dem Klosterladen klang der Abend aus...